„Als Sylt wegen der COVID-19-Pandemie abgeriegelt wurde, war das Leben neu, ungewohnt und sonderbar. Zeitweise schön, manchmal sehr unwirklich“, sagt Julia Petersen, die auf Sylt geboren wurde und ein waschechtes Inselkind ist. Nach dem Lockdown sieht Sylt jetzt dem Sommer entgegen – mit Vorfreude und einem neuen Hygiene- und Pandemie-Konzept. „Essentiell sind Geduld, Flexibilität und Kreativität“, verrät Julia in ihrer ganz persönlichen Gebrauchsanweisung für einen Sommerurlaub auf Sylt.
Interview: Gebrauchsanweisung für einen Sommerurlaub auf Sylt ♥ Lesezeit: 10 Minuten
Wie war das Leben auf Sylt, als die Insel wegen der COVID-19-Pandemie abgeriegelt war?
Es war neu. Ungewohnt. Sonderbar. Zeitweise schön, manchmal sehr unwirklich. Womöglich kaum zu vergleichen mit dem Lockdown in den Großstädten – und doch tut man es irgendwie. Denn der Grund für die Abriegelung war in erster Linie die medizinische Versorgung, die auf Sylt anders als beispielsweise einer Metropole wie Hamburg ausfällt. Unsere Pandemie-Intensivbetten kann man an beiden Händen abzählen, weswegen die Institutionen, die Politik sich für eine Abriegelung entschieden haben. Persönlich habe ich die Insel in dieser Jahreszeit noch nie so ruhig erlebt. Für die Natur war es in jedem Fall erholsam, das hat man beobachten, sehen und spüren können.
Was hat sich auf der Insel seither verändert?
Für die Gastronomie, Hotellerie, den Einzelhandel und sicherlich auch weitere Branchen gab es gravierende Veränderungen. Es mussten Hygiene- und Pandemie-Konzepte entworfen und umgesetzt werden. Eine Umstellung, ein nicht zu unterschätzender Kraftakt für viele Beteiligte, ganz klar. Gerade, nachdem binnen kürzester Zeit von Null auf Hochsaison umgesattelt werden musste. Plötzlich für den Sommerurlaub auf Sylt so viele Gäste willkommen zu heißen, war eine besondere Aufgabe und Herausforderung.
Wie lief der erste Tag, als Sylt geöffnet wurde, ab?
Der Ansturm war schon sehr groß, die Schlangen an den Autozügen lang. Viele haben sich nach einer Auszeit gesehnt, waren sicherlich froh, endlich aus dem Corona-Trott rauszukommen. Ich persönlich war an dem Tag kaum draußen, am Abend kurz am Strand. Zwar war es schon komisch, plötzlich wieder so viele Menschen zu sehen, aber ich habe richtig gespürt, wie froh unsere Gäste waren, endlich am Strand und hier zu sein. Das konnte ich sehr gut nachvollziehen und es hat mir wiederum ein gutes Gefühl gegeben.
Was geht im Sommerurlaub auf Sylt – und was nicht?
In jedem Fall kann man die Natur genießen. Radfahren, spazieren gehen, joggen, … Auch die meisten Restaurants haben mittlerweile wieder geöffnet. Mit entsprechendem Hygiene-Konzept und Vorsichtsmaßnahmen. Ich bin absolut beeindruckt, wie kreativ die Sylter*innen diesbezüglich geworden sind. Einige größere Veranstaltungen wurden für dieses Jahr gecancelt. Hilfreich ist diesbezüglich diese Seite mit entsprechenden Änderungen, Anpassungen und Infos für das Leben und den Urlaub auf Sylt.
Welche Maßnahmen in Sachen Hygiene und Abstand gibt es und mit welchen Einschränkungen müssen Urlauber im Sommerurlaub auf Sylt rechnen?
Wie woanders auch, gelten auf Sylt die verordneten Abstands- und Hygienegebote, an die sich alle halten müssen. Es gibt einen Corona-Knigge mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und Regeln, die beachtet werden müssen. Grundsätzlich ist mehr Geduld denn je gefragt, manchmal dauern die Dinge eben etwas länger. Auf Wartezeiten im täglichen Leben und auch im Urlaub müssen wir uns sicherlich alle einstellen.
Die „Bild“ hat berichtet, dass in Kampen wild gefeiert wurde. Was ist da dran?
Schlagzeilen der Boulevard-Presse haben vielleicht für Aufmerksamkeit und Auflage gesorgt, nicht aber für Aufklärung oder gar Wahrheitsfindung. Am Kampener Strand mag viel los gewesen sein, mehr als an anderen Sylter Strandabschnitten. Ich persönlich war jedoch nicht im Inselnorden unterwegs. Das Wetter war traumhaft und ich konnte ein paar schöne Stunden an einem meiner Lieblingsstrände südlich von Rantum verbringen. Am vergangenen Wochenende war ich im Restaurant „Manne Pahl“, Freunde von mir an der „Buhne 16“. An beiden Orten hielt man sich sehr genau an alle Hygienemaßnahmen und Vorschriften.
Wird es Feiern am Strand im Sommerurlaub auf Sylt überhaupt geben?
Egal ob am Strand, an der Promenade oder sonst wo: Partys ohne Abstands- und Hygienemaßnahmen wird es in diesem Sommer voraussichtlich nicht geben. Verantwortungsbewusstes Handeln muss in diesen Zeiten an erster Stelle stehen.
Wie ist die Situation in den Restaurants der Insel?
Bislang war ich in drei Restaurants, dort habe ich mich bei jedem Besuch wohl und sicher aufgehoben gefühlt. Die Mitarbeiter*innen halten sich an die Vorgaben, genauso wie auch ich als Gast. Kulinarisch war ich, wie schon vor Corona-Zeiten, sehr begeistert. Von Bekannten und Vertrauten aus der Gastronomie höre ich sehr viel Positives, jedoch erzählen sie mir auch manchmal von weniger verständnisvollen Gästen. Ich kann mir vorstellen, dass es mitunter sehr mühsam ist, einige immer wieder auf die „Corona-Regeln“ hinzuweisen. Allein schon, wenn man bedenkt, dass bis 23 Uhr alle aus dem Restaurant wieder raus müssen. Ansonsten haben viele Restaurants mittlerweile auch einen tollen Außer-Haus-Service.
Womit haben die Insulaner aktuell zu kämpfen?
Das Ostergeschäft ist komplett ausgefallen. Das hat bei vielen ein Loch ins Portemonnaie und die Kalkulation gerissen. Hinzukommen die neuen Auflagen und damit weitere Faktoren, die sich finanziell, beruflich und schließlich auch privat auswirken.
Was ist deine Prognose, wie ein Sommerurlaub auf Sylt ablaufen wird?
Wer die Natur liebt, ist auf Sylt nach wie vor sehr gut aufgehoben. Dieser Aspekt wird vielleicht sogar noch mehr in den Vordergrund rücken. Das Bewusstsein und der Respekt für die Landschaft, ihre Flora und Fauna werden sich hoffentlich nachhaltig noch mehr stärken. Die Anreisesituation hat sich mittlerweile, auch durch die dänische Grenzöffnung, wieder „normalisiert“. Wie man letztendlich den eigenen Urlaub verbringt, liegt an einem selbst. Vom Campingplatz bis zum luxuriösen Sternehotel bietet die Insel da ein volles Programm. Essentiell für den Urlaub sind in jedem Fall Geduld, Flexibilität und Kreativität. Sich von den eigenen Vorstellungen und Erwartungen zu lösen, kann mitunter vielleicht sogar am erholsamsten sein.
Haben die Einwohner Angst, dass es diesen Sommer zu viele Touristen auf Sylt geben wird, weil viele in Deutschland Urlaub machen?
Für die Sylter*innen gehört die Hauptsaison zum Jahresverlauf dazu. Ich persönlich bin hier geboren und kenne es gar nicht anders. Die Insel hat gewisse Kapazitäten, die zur Verfügung stehen und genutzt werden dürfen. Wahrscheinlich wird in nächster Zeit bevorzugt im eigenen Land geurlaubt, denn die Anreise ist gegebenenfalls kürzer, schon ein kleines Budget kann ausreichend sein und dennoch gibt es vieles zu erleben. Ich freue mich auf aufgeschlossene, respektvolle und verständnisvolle Gäste (sowie Insulaner*innen), die Lust haben, auch mal Ecken abseits der gewohnten Hotspots zu entdecken. Davon gibt es nämlich jede Menge. Auch ich lerne Sylt immer wieder neu kennen.
Dein Tipp für Sylt-Urlauber, die ihre Ferien nachhaltig, fair, sozial und sicher verbringen möchten?
Für uns alle gelten auf Sylt die gleichen Corona-Regeln. Das sollte uns hoffentlich allen, insbesondere für ein soziales Miteinander, bewusst sein. Für mich spielt Nachhaltigkeit mittlerweile eine große Rolle, sodass ich in meinem täglichen Leben gewisse Verhaltensmuster angepasst habe. Bei mir Zuhause trinke ich zum Beispiel das Sylter Leitungswasser, zum Einkaufen fahre ich meist mit dem Fahrrad und bringe auch meine eigenen Taschen mit. Mittwochs und samstags gibt es in Westerland auf dem Rathausplatz einen tollen Markt, wo es lokale und unverpackte Produkte gibt. Ein sicheres Gefühl beginnt meiner Meinung nach zunächst bei einem selbst und wie man mit der Situation umgeht. Wer sich schützt, schützt eben, und das finde ich sehr wichtig, auch seine Mitmenschen.
Zur Person
Julia Petersen wurde auf Sylt geboren und lebt von Herzen gerne auf der Nordseeinsel. Sie ist Inselkind, Kommunikationsmanagerin, Freelancerin und Surferin. Mehr Infos auf Julz von Sylt und auf Instagram.
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