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Ein Bild, eine Geschichte: Reise in ein Kinderheim in Nepal

Die Farben wirken satter und strahlender, hier oben im Nirgendwo im Kathmandutal in Nepal, wo zwischen den dicken Mauern eines Waisenhauses bunte Glasflaschen hervorblitzen und Kinder mit leuchtend bunten Wollmützen auf dem Kopf durch die einfachen Räume sausen. Rund 60.000 Kinder leben in Nepal ohne Zuhause und Familie - und eines von ihnen hat sich in mein Herz gelacht.

„Are you a comedian? Are you famous?“ Das Mädchen sieht mich erwartungsvoll an. Die wachen Augen hinter einer dicken Brille, die Zähne ein wenig schief, auf dem Kopf eine bunte, nepalesische Mütze. Es ist ihr breites Grinsen, das mich unbewusst in ihre Richtung führt. Als ich ein bisschen ungelenk vor dem Tisch stehenbleibe, an dem sie mit ihrer Gruppe sitzt, zwinkert sie mir zu und deutet, dass ich mich setzen soll.

Es ist kühl, hier oben im Nirgendwo im Kathmandutal in Nepal, wo zwischen den Mauern bunte Flaschen im Licht hervorblitzen und Kinderstimmen die Luft wärmer zu machen scheinen. Rund 50 Kinder sitzen verteilt an kleinen Holztischen und starren neugierig die fremden Erwachsenen mit der hellen Haut an: Journalisten aus Österreich und Deutschland, die hier sind, um die „Happy Bottle Houses“ kennenzulernen, das Zuhause der Kinder, ein Kinderheim in Nepal.

Ich setze mich zu dem Mädchen mit den wachen Augen und fange an, mit ihr zu plaudern. Erzähle alberne kleine Geschichten, schneide Grimassen – wie so oft, wenn tief in mir eine Traurigkeit aufkommt und ich die erste Ausfahrt Gag wähle, anstatt die Traurigkeit zuzulassen. Das Mädchen kichert und rutscht immer näher. „Are you a comedian? Are you famous?“ fragt sie unbedarft und bringt mich zum Lachen. Ich beschließe, ehrlich zu sein. Sage ihr, dass Lachen das beste Mittel ist, um der Traurigkeit den Kampf anzusagen. Sie nickt, muss aber wieder kichern. Sie hätte mal im Fernsehen eine Frau aus Europa gesehen, eine Komikerin, die wäre aber nicht so lustig gewesen wie ich. Wir sehen uns verstehend an und kichern jetzt gemeinsam.

Ich kenne nicht die einzelnen Geschichten der Kinder hier, aber ich kenne die Geschichte des Waisenhauses und die Problematik vieler Kinder in Nepal: alleine gelassen, von den Eltern verstoßen – nicht alle sind Waisen, viele werden einfach von ihren Familien ausgesetzt. Rund 60.000 haben kein Zuhause, keine Familie – das war der Anstoß für Sudama Karki, Touristiker und Trekkingguide, ein Waisenhaus zu eröffnen. Seine Geschichte ist es, die mich fadengerade ins Herz trifft.

Als junger Mann ist er unzufrieden mit seinem Leben und weiß wenig mit sich anzufangen. Auf einer Wanderung begegnet er einer Frau, die ihm in schlichten Worten eine klare Botschaft mitgibt: Du musst erst lernen, anderen etwas zu geben und sie zufrieden zu machen, bevor Zufriedenheit in dein Leben treten wird. Kurz darauf ist Sudama wieder auf Trekkingtour, als er in den Bergen ein kleines Mädchen findet. Ihre Eltern haben sie verlassen, das Kind ist völlig alleine. Kurzerhand nimmt er sie mit. Der Gedanke, dass es viele Kinder gibt, die arm oder elternlos sind, lässt ihn nicht mehr los – und so gründet er das „Poor and Orphan Children Relief Center“ und legt den Startschuss für die „Happy Bottle Houses“. Die Bezeichnung „Bottle-Houses” leitet sich übrigens von den bunten, meist von Touristen weggeworfenen Glasflaschen ab, die für den Bau des Waisenhauses genutzt werden und deren buntes Glas zwischen den dicken Mauern fröhlich hervorblitzt.

Als Sudama an jenem Tag, an dem ich das Waisenhaus kennenlerne, durch die Tür tritt, rennen alle Kinder auf ihn zu. Er lacht, umarmt, redet – „seine“ Kinder wissen genau, wer ihr Zuhause zu dem gemacht hat, was es ist, die Liebe fliegt ihm ungefiltert zu. Im Hintergrund steht ein 17-jähriges Mädchen und geht als letzte an seine Seite. Es ist das kleine Mädchen, das Sudama Karki vor dreizehn Jahren in den Bergen gefunden hat. Heute kümmert sie sich im Bottle-House um die jüngeren Kinder wie Sudama Karki einst um sie.

Nach ein paar Stunden im Waisenhaus müssen wir uns verabschieden. Meine kleine Freundin umarmt mich innig und sieht mich ernst an. „Ich werde immer an dich denken, wenn ich lache“, sagt sie – und da ist es wieder, dieses kecke Grinsen, mit dem sie sich in mein Herz gelächelt hat.

 

 


Offenlegung & Infos

Das österreichische Reiseunternehmen Weltweitwandern hat mich eingeladen, gemeinsam mit anderen Journalisten an einer Pressereise nach Nepal teilzunehmen; meine Reportage wurde in der Zeitschrift miss veröffentlicht. Es gibt verschiedene Wanderreisen durch Nepal, zudem engagiert sich das Unternehmen seit dem großen Erbeben 2015 sehr stark vor Ort mit dem Verein Weltweitwandern wirkt: Das Kinderheim „Happy Bottle Houses“ in Kathmandu und die Dorfschule in Hile wurden wieder neu aufgebaut, parallel wird aktuell die „Kundalinee School”, ein Schulzentrum für 400 Kinder, gebaut.

(Werbung, unbezahlt / Pressereise / Ortsnennung und Verlinkung)

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3 Kommentare

  1. Herta Filz Herta Filz

    Ich kenne das Mädchen mit der Brille, sie heißt Deepika! Ich war mit weltweitwandern im Oktober im bottlehouse und habe geholfen, das erste Haus nach dem Erdbeben wieder aufzubauen. Ein tolles Erlebnis, an das ich sehr oft denke und ein ganz großer Wunsch ist, die Kinder noch einmal zu besuchen.

    • Jasmin Kreulitsch Jasmin Kreulitsch

      Liebe Herta, das ist ja toll – ich finde es großartig, dass du dich das Mädchen erinnerst! Ich denke noch oft an Deepika, weil ich wirklich ein paar sehr intensive und innige Momente mit ihr und den anderen Kindern erlebt habe. Ich würde auch irrsinnig gerne nochmal ins Bottle Haus reisen und die Kinder wiedersehen. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt ;-). Liebe Grüße, Jasmin

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