Die zweitgrößte Stadt Thüringens hat es nicht leicht. Einst geprägt von Wissenschaft und Forschung, ist Jena oft die undankbare Dritte nach Weimar und Erfurt. Dabei ist der Mix aus Universitätsstadt und Underdog extrem spannend. Wer sich auf den rauen Charme der Lichtstadt einlässt, begegnet Spuren der DDR, trifft Friedrich Schiller und Carl Zeiss und staunt im betriebsältesten Planetarium der Welt über das Universum.
Lässige Lichtstadt in Thüringen: 13 Tipps für Jena ♥ Lesezeit: 8 Minuten
#1 Tipps für Jena: JenTower
Will man die Fenster des Wahrzeichens der Stadt zählen, muss man viel Zeit einkalkulieren. Der „JenTower“ (Leutragraben 1), der Jena mit 128 Metern Höhe überragt, hat 1.456 Fenster. Interessant ist auch die Form: Das Hochhaus soll ein Fernrohr symbolisieren und wird im Volksmund auch „Keksrolle“ genannt. Seine Geschichte ist stark von der DDR geprägt. In den 1960er Jahren wollte der Ministerrat der DDR den Aufbau der Städte beschleunigen. Der Gedanke war es, Stadtzentren ein neues, „sozialistisches“ Aussehen zu verschaffen. Dazu wurden Gebäude wie der „JenTower“ gebaut, die alles überragen sollten, insbesondere Kirchtürme. Ursprünglich sollte das Hochhaus ein Zeiss-Forschungszentrum werden. Dazu erwies es sich aber als ungeeignet, daher zog die Friedrich-Schiller-Universität ein und blieb bis 1995. Heute wird der „JenTower“ als Bürogebäude genutzt und beherbergt in den oberen Stockwerken ein Restaurant und ein Hotel.
#2 Tipps für Jena: Aussichtsplattform & Scala
Wer Jena aus der Vogelperspektive sehen möchte, sollte unbedingt nach ganz oben im „JenTower“ fahren. Auf 128 Metern Höhe gibt es hier eine großartige Aussichtsplattform (€ 4,50/Person), von der man einen tollen Blick auf Jena und das Saaletal hat. Für Fotos eine super Location! Ein Highlight im wahrsten Sinne des Wortes ist das Restaurant „Scala“. Hoch über der Stadt kann man hier Kaffee und Kuchen genießen, einen Aperitiv trinken oder richtig fein speisen (3-Gang-Menü um € 39) – immer mit weitem Blick über Jena.
#3 Tipps für Jena: Jenaer Marktplatz
Der historische Gegenpol zum modern anmutenden „JenTower“ ist der Markplatz im Herzen von Jena. Der Jenaer Marktplatz ist ein geschlossener Marktplatz, dessen Umriss im Laufe seines Bestehens nie verändert wurden. Über die Jahrhunderte verkauften Bauern und Gärntner aus Jena hier ihre Waren. Noch heute kann man an drei Tagen der Woche (dienstags, donnerstags und freitags von 7 bis 17 Uhr, samstags von 7 bis 13 Uhr; Winterzeit: 8 bis 17 Uhr sowie samstags von 8 bis 13 Uhr) ein reichhaltiges Angebot an Bioprodukten, saisonale Obst- und Gemüsesorten sowie eine große Auswahl an Käseprodukten und thüringischen Fleisch- und Wurstwaren kaufen. Tipp: Auf dem Marktplatz befindet sich auch die Touristeninformation. Hier gibt’s neben allen Infos auf lustige Mitbringel wie beispielsweise einen Playmobil-Schiller.
#4 Tipps für Jena: Jenaer Rathaus
Das wichtigste Gebäude auf dem Marktplatz steht an der Südwestseite. Das Rathaus der Stadt wurde im Jahr 1368 zum ersten Mal urkundlich erwähnt und gilt als eines der ältesten erhaltenen Rathausgebäude Deutschlands. Besonders auffällig sind der barocke Fachwerkturm und die spitz zulaufenden Walmdächern. Wer nach oben schaut, entdeckt hier eines der „Sieben Wunder“ Jenas. Das Rathaus besitzt eine astronomische Kunstuhr aus dem 15. Jahrhundert. Über dem Ziffernblatt ist der sogenannte Schnapphans. Der trägt seinen Namen, weil er zu jeder vollen Stunde nach einer goldenen Kugel an einem Stab schnappt, die ein Pilger hält, der links von der Uhr auf einem Sockel steht. Aber: Heute „schnappt“ eine Kopie an der Uhr. Der Original-Schnapphans befindet sich im Stadtmuseum.
#5 Tipps für Jena: Städtische Kunstsammlung Jena
Nicht nur der Original-Schnapphans, sondern viele große Werke der internationalen Kunstgeschichte gibt es in der städtischen Kunstsammlung zu sehen. Im „Stadtmuseum Jena“ (Markt 7; Eintritt: € 4/Person) auf dem Marktplatz kann man Werke der klassischen Moderne und Gegenwartskunst besichtigen. Es finden auch regelmäßig wechselnde Ausstellungsprogramme statt. Die Kunstsammlung umfasst knapp 5.000 Werke, der Schwerpunkt ist Kunst des 20. Jahrhunderts: von der klassischen Moderne über ein großes Konvolut von Kunst der DDR bis hin zur nationalen und internationalen Gegenwartskunst.
#6 Tipps für Jena: Museumscafé
Wer nach der Kunst Kaffee und Kuchen will, muss nur wenige Schritte ins „Museumscafé Philisterium“ gehen, wo die Kaffeepause sich wie eine Zeitreise anfühlt. Vertäfelte Wände, bemalte Kassettendecke, mit Schnitzereien verzierten dicken Balken: Die echte „Kaffee- und Weinstube“ von einst ist mit vielen Originalteilen aus der „Alten Göhre“ eingerichtet. Paul Göhre, der Namensgeber des Hauses, war Weinhändler und Restaurateur und kaufte das Gebäude aus dem 13. Jahrhundert im Jahr 1893. Er eröffnete hier eines der renommiertesten Restaurants der Stadt – und das heutige „Philisterium“ erinnert an einen Gastraum von einst.
#7 Tipps für Jena: Wagnergasse
Der moderne Kontrast in Sachen Essen, Trinken und Einkaufen spielt sich unweit des Marktplatzes in der Wagnergasse ab, der buntesten und belebtesten Straße von Jena. Auch als Kneipengässchen bekannt, dreht sich hier alles um regionale Köstlichkeiten wie Jenaer Bier und Thüringer Spezialitäten. Die Wagnergasse führt vom Johannesplatz bis zur Mündung in die August-Bebel-Straße. Früher fuhr hier noch die Straßenbahn – und selbst Goethe soll einst mit der Kutsche durch die Wagnergasse gefahren sein.
#8 Tipps für Jena: Café Stilbruch, Fritz Mitte & Kaffeehaus Gräfe
Bei Thüringer Spezialitäten denkt man eher an traditionellere Gerichte, dabei hat die Wagnergasse durchaus einen modernen Twist. Das erste Lokal, das hier eröffnete, gilt heute noch als Kult. Im „Café Stilbruch“ (Wagnergasse 1-3) gibt es auf drei Etagen gutes und günstiges Essen. Ein absoluter Treffpunkt für Hipster ist das „Fritz Mitte“ (Johannisplatz 21). Hier gibt’s die besten Pommes in ganz Thüringen mit großartigen, hausgemachten Remouladen und Saucen in vielen Geschmacksrichtungen. Tipp: In der Neugasse 5 gibt es einen kleinen „Fritz Mitte Diner“ mit Burgern, Milchshakes und Nachspeisen. Auch am Johannisplatz ist das legendärste Kaffeehaus der Stadt. Im „Kaffeehaus Gräfe“ (Johannisplazu 8) isst man die besten Kuchen und Torten in Jena!
#9 Tipps für Jena: Zeiss-Planetarium
Natürlich führt in der Lichtstadt Jena kein Weg am „Zeiss-Planetarium“ (Am Planetarium 5; Eintritt: € 11/Person) vorbei. Das weltweit betriebsälteste Planetarium wurde am 18. Juli 1926 eröffnet. Wissenschaftler wie Carl Zeiss, Ernst Abbe und Otto Schott haben die Stadt geprägt wie keine anderen. Carl Zeiss gründete seine feinmechanisch-optische Werkstatt 1846, Otto Schott folge 1884 mit Spezialglas Schott. Später schrieb Ernst Abbe Geschichte, indem er den Angestellten der Zeisswerke soziale Sicherheit, Betriebsrenten und Acht-Stunden-Tage ermöglichte, was im 19. Jahrhundert als nahezu visionär galt. Wer in die Geschichte der Lichtstadt eintauchen will, war bisher im „Deutschen Optischen Museum“ richtig, ein naturwissenschaftlich-technisches Museum, in dem es die größte Brillensammlung, zahlreiche Mitmach-Experimente und interaktive Erlebnisse gibt. Aktuell ist das Museum geschlossen und wird konzeptionell erneuert. Die Wiedereröffnung ist für das erste Halbjahr 2023 geplant.
#10 Tipps für Jena: Friedrich-Schiller-Universität
Weimar mag vielleicht bekannter sein, doch auch Jena entwickelte sich in der Zeit der deutschen Klassik zu einem der führenden geistigen Zentren in Deutschland. 1775 kam Goethe erstmals in die Universitätsstadt, auf ihn folge später Schiller. Nach ihm ist die Universität der Stadt benannt, an der er lange lehrte. In keiner Stadt verweilte er länger als in Jena. Die Friedrich-Schiller-Universität ist die älteste und einzige Volluniversität Thüringens. Heute sind etwa 17.500 Studenten eingeschrieben in mehr als 200 Studiengängen der Fakultäten Theologie, Rechtswissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Philosophie, Sozial- und Verhaltenswissenschaften, Mathematik und Informatik, Physik und Astronomie, Chemie und Geowissenschaften, Biologie und Pharmazie und Medizin. Wer Zeit hat, sollte sich den Campus und die Universitätsgebäude beim Spaziergang durch die Stadt anschauen. Hier gibt es immer wieder mal verborgene Innenhöfe mit nostalgischem Charme zu entdecken.
#11 Tipps für Jena: Paradies
In der Stadt und doch im Grünen? In Jena kein Problem, hier trägt die Grünfläche sogar den Namen „Paradies“. Der Park an der Saale heißt tatsächlich Paradies, der neue Bahnhof Jena-Paradies, kein Wunder, dass der Slogan mancherorts „Du bist einfach paradiesisch“ lautet. Wer zwischendurch Frischluft und Spaziergänge braucht, ist im „Jena Paradies Park“ genau richtig. Der Park wurde 2002 als Kulturdenkmal eingestuft und besteht aus den drei großzügig angelegten und aneinander liegenden Grünflächen Rasenmühleninsel, Paradies und Oberaue. Und wer lieber wandert als zu spazieren, sollte sich die Wege der „SaaleHorizontale“ genauer anschauen. Auf einer Strecke von 72 Kilometern passiert man Schlösser, Parks, Wald- und Wiesenlandschaften – und hat immer großartige Ausblicke auf Jena.
#12 Tipps für Jena: Botanischer Garten
Noch grüner und exotischer geht es im „Botanischen Garten“ (Fürstengraben 26; Eintritt: € 4/Person) von Jena zu, der die zweitälteste Anlage dieser Art in Deutschland ist. Auf 4,5 Hektar Fläche wachsen über 10.000 Pflanzenarten! Die Gründung des Gartens geht auf den Bedarf der Medizinischen Fakultät der Universität Jena an frischen Kräutern zurück. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Botanische Garten immer mehr erweitert. Auch Goethe trug maßgeblich dazu bei. Nachdem er 1776 die Oberaufsicht über die unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst und den Auftrag erhalten hatte, eine Botanische Anstalt einzurichten, verbrachte er viel Zeit in Jena und veranlasste unter anderem die Verlegung einer Wasserleitung, den Bau mehrerer Gewächshäuser und des Inspektorhauses. Noch heute erinnert ein alter Ginkgobaum an seine Zeit.
#13 Tipps für Jena: Shopping
Ob Einkaufszentrum oder kleine, individuelle Shops: In Jena findet man alles. Am augenfälligsten ist die „Goethe Gallerie” (Goethestraße 3): Unter einer modernen Glaskuppel befindet sich die größte Mall der Stadt. In der Wagnergasse ist das „Kabuff“ (Wagnergasse 11) ein Unikat: In dem liebevoll eingerichteten Stoffladen dreht sich alles um Schnittbögen und Do-It-Yourself-Anleitungen, dazu gibt es ein Café und Nähkurse. Ein paar Schritte weiter verkauft „Fräulein Meier“ (Wagnergasse 12) liebevoll hergestellte Dingen wie Schmuck aus Porzellan, Holz und Edelstahl, aber auch regional hergestellte Seifen, Cremes und Liköre. Bei „Tranquillo“ (Johannisstraße 19) gibt es nachhaltige und faire Mode, im „Heimatkiosk“ (Westbahnhofstraße 16a) T-Shirts, Tassen, Jutebeutel und hippe Accessoires, im Skater-Store „Orange Jungle“ (Rathausgasse 4) Sneaker, Skateboards, Longboards und die passenden Klamotten und beim „Gummibärendealer“ (Sonnenhof 1) die schrägsten Gummibärchen.
Gewusst?
Schon im 17. Jahrhundert warb die Stadt mit den „Sieben Wunder von Jena“. Der lateinische Merkspruch lautet: „Ara, caput, draco, mons, pons, vulpecula turris, Weigeliana domus, septem miracula Jenae“.
Ara: der Altar der Stadtkirche St. Michael, speziell die Durchfahrt unter diesem
Caput: der Kopf des Schnapphans an der Kunstuhr des Rathauses
Draco: der Drache, ein mehrköpfiges Fabelwesen aus Knochen, Draht und Pappmaché, das womöglich um 1600 für einen Studentenstreich gebaut worden ist
Mons: der Jenzig, ein Berg, dessen weißer Kalkrücken in der Morgen- und Abendsonne rot leuchtet
Pons: die alte Camsdorfer Brücke, deren Nachfolgerin heute noch am alten Orte steht
Vulpecula turris: der Fuchsturm, der Bergfried der ehemaligen Burg Kirchberg auf dem Hausberg
Weigeliana domus: das Weigelsche Haus, ein Haus mit Aufzug und Dachobservatorium aus dem 17. Jahrhundert, das nicht mehr existiert
Offenlegung
Thüringen Tourismus hat mich eingeladen, nach Thüringen zu reisen. Meine Reportagen wurde u. a. im Bahnreiseblog der ÖBB veröffentlicht.
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