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Travel-Talk Sri Lanka: Interview & Insider-Tipps von der Sri-Lanka-Expertin Anja Kainz

Von Kärnten in den Indischen Ozean: Anja Kainz hat 2012 ihren sicheren Finanzjob an den Nagel gehängt, um ihrem Bauchgefühl zu folgen, das sie nach Sri Lanka führte. Heute ist sie Spezialistin für individuelle Sri-Lanka-Reisen und nennt die kleine Tropeninsel im Indischen Ozean ihre zweite Heimat. Ein Gespräch darüber, wie ein Land einen Menschen beeinflussen kann, wie man ein Zuhause am anderen Ende der Welt findet und über die Kunst, wirklich individuell zu reisen.

Wie kommt man dazu, Sri Lanka zu seiner zweiten Heimat zu machen? 

Das ist eine lange Geschichte, die durch Zufälle geprägt ist. Ich war 2011 als Rucksacktouristin für sechs Monate auf Reisen in Süd-Ost-Asien. Die Reise machte ich, da ich in meinem Leben damals sehr unzufrieden war. Mein Job als Controllerin in einem Großkonzern hat mich extrem fadisiert – und obwohl ich quasi alles hatte, fühlte ich mich leer und unrund. Ich hielt den Alltag einfach nicht mehr aus und bekam immer mehr das Gefühl, mal „ausbrechen“ zu müssen.

Auf meiner Reise sah ich viele schöne Länder und lernte sehr interessante Kulturen und Lebensphilosophien kennen. Sri Lanka hat mich von all diesen Ländern ganz besonders fasziniert. Zum einen war Sri Lanka authentischer als die meisten meiner bereisten Länder (der Tourismus hatte dort so kurz nach dem Bürgerkrieg noch nicht viele Spuren hinterlassen), zum anderen waren die Menschen dort mit ihrer Freundlichkeit und Herzlichkeit wirklich einzigartig. Obwohl die Lebensweisen, die Ansichten und die Kultur der Sri Lanker ganz anders sind als bei uns, habe ich mich sofort irgendwie zu Hause gefühlt. Die Menschen in Sri Lanka sind offen, neugierig (im positiven Sinn) und ehrlich interessiert – das fehlt mir in Österreich und in vielen anderen Ländern der Welt.

Warum Sri Lanka und kein anderes Land?

Während meiner Reise besuchte ich die Insel gleich zwei Mal. Bei meinem zweiten Besuch stieß ich ganz zufällig auf zwei Projekte, die meinen weiteren Lebensweg erheblich mitbestimmt haben: eine kleine Charity, die sich um das Wohl von sozial benachteiligten Kindern kümmerte und ein Whale Watching Anbieter – Raja & the Whales – der sich für den Schutz der Meeresbewohner im Indischen Ozean einsetzt. Beide Projekte lösten in mir eine Leidenschaft aus, die ich vorher so nicht kannte. Nach ein paar Monaten in Österreich (in denen ich fleißig gespart habe), kam ich schließlich zurück nach Sri Lanka, um bei diesen Organisationen (auf freiwilliger Basis) mitzuarbeiten. Die Arbeit war sehr bereichernd und löste eine Zufriedenheit in mir aus, nach der ich zuvor lange vergeblich gesucht hatte.

Meine Zelte in Österreich habe ich damals vorerst abgebrochen. Ich wollte mein Leben einfach anders gestalten und war davon überzeugt, dass das Richtige für mich passieren wird, wenn ich meinem Bauchgefühl folge. Nach Sri Lanka zu gehen, fühlte sich richtig an, obwohl es natürlich schon ein Schritt ins Ungewisse war. Durch mein Leben in Sri Lanka haben sich dann aber tatsächlich neue Türen für mich geöffnet. Einige Zufälle und Bekanntschaften später habe ich 2013 schließlich ein Reisebüro gegründet, das auf individuelle Sri-Lanka-Reisen spezialisiert ist. So konnte ich mich zum einen beruflich mit etwas verwirklichen, das mir sehr viel Freude bereitet und gleichzeitig vielen Menschen hilft und zum anderen auch weiterhin mein Leben – zumindest zum Teil – in Sri Lanka verbringen.

Travel-Talk Sri Lanka: Interview & Insider-Tipps von der Sri-Lanka-Expertin Anja KainzHattest du einen Kulturschock? Und wenn ja, inwiefern?

Ich habe immer einen Kulturschock, wenn ich zurück nach Österreich komme. Das Leben in Sri Lanka ist viel gemütlicher und stressfreier. Alles ist langsamer und entschleunigter (ausgenommen vom Straßenverkehr *haha*). Die Menschen in Sri Lanka gehen mit viel Ruhe und Umsicht an die Arbeit. Überall warten zu müssen ist also ganz normal. Ungeduldig sein, bringt dich nicht weiter. Das ist für uns Österreicher schon sehr gewöhnungsbedürftig. Wenn man sich dann aber mal auf diese Gemütlichkeit eingelassen hat, ist es wirklich schwer, sich wieder an das Gegenteil zu gewöhnen. Zurück in Österreich bin ich die ersten Tage immer überfordert von der Hektik, der Schnelligkeit und dem Stress, der uns hier umgibt. Dass bei uns die Uhren anders ticken, wird mir also immer wieder so richtig bewusst, wenn ich aus Sri Lanka zurückkomme.

Dein Lieblingsort abseits der Touristenmassen?

Ich habe so viele Lieblingsorte auf der Insel. Selbst in den touristisch mehr frequentierten Gebieten braucht man sich nur auf ein Fahrrad oder ein Moped zu schwingen und zwei Kilometer zu fahren, um sich plötzlich mitten in einer unberührten Landschaft wiederzufinden. Lieblingsorte finden man in Sri Lanka also quasi überall, sei es ein einsamer Tempel inmitten von Reis- oder Teeplantagen, bei einer Wanderung im Hochland mit traumhaften Ausblicken oder auf einem einsamen Strandabschnitt, wo man einfach stundenlang aufs Meer schauen und dem Geräusch der Wellen lauschen kann.

Dein Lieblingsstrand?

Das kommt ganz auf meine Stimmung und auf die Jahreszeit an. Wenn ich Lust darauf habe, ein bisschen Party zu machen und Leute kennenzulernen, verbringe ich meine Zeit im Winter in Mirissa und im Sommer in Arugam Bay. Wenn ich nach Ruhe suche und einfach mal abschalten möchte, ist im Winter Tangalle meine erste Wahl und im Sommer der Nilaveli Beach in Trincomalee. Fast jeder Strand in Sri Lanka hat aber seinen eigenen Charme und seine eigene Besonderheit, weshalb ich generell gerne mal hier und mal dort bin. Sri Lanka ist mit Sicherheit auch deshalb so besonders, da man dort für jeden Geschmack den richtigen Strand finden kann.

Travel-Talk Sri Lanka: Interview & Insider-Tipps von der Sri-Lanka-Expertin Anja KainzDeine Favoriten: Restaurants, Bars, Shops?

Es gibt etliche coole Restaurants und Bars in Sri Lanka. Hier einige rauszupicken, ist wirklich sehr schwer. Meine Erfahrung zeigt aber, dass Tripadvisor für Sri Lanka ein ziemlich guter Anhaltspunkt ist. Tatsächlich ist es so, dass die Restaurants/Bars mit den besten Bewertungen auf Tripadvisor auch diejenigen sind, die ich persönlich auch weiterempfehlen würde. Das gilt in Sri Lanka allerdings nur für Restaurants und Bars – für Hotels halte ich Tripadvisor nicht für den besten Anhaltspunkt.

Bezüglich Shops ein Tipp: Leider gibt es in Sri Lanka mittlerweile auch schon ein paar Touristenfallen. Deshalb: Keine Edelsteine in Sri Lanka kaufen, wenn man sich damit nicht wirklich auskennt. Hier zahlt man als Tourist quasi immer drauf (auch wenn mit Echtheitszertifikaten geworben wird). Finger weg außerdem von sogenannten Spice oder Herbal Gardens (manchmal auch Ayurveda Garden). Hier werden Produkte von schlechter Qualität zu (weit) überhöhten Preisen verkauft. Wo man außerdem sehr viel handeln sollte, um ein faires Preis-Leistungsverhältnis zu bekommen, sind Holzschnitzereien, Batik-Fabriken und Seidenfabriken. Wenn man keine Lust auf eine „Kaffeefahrt“ hat, sollte man keine Sri Lanka-Reise buchen, die diese Shops als „Attraktionen/Sehenswürdigkeiten“ im Tourplan beinhalten.

Die beste regionale Spezialität in Sri Lanka, die man kosten muss?

Rice & Curry ist DAS Nationalgericht in Sri Lanka. Man bekommt es in lokalen Restaurants schon um ca. 1 Euro und es schmeckt einfach immer sehr lecker. Außerdem ist es sehr bekömmlich und sättigend und aufgrund der Vielfalt der Curries auch sehr abwechslungsreich. Was man auch jedenfalls probieren sollte sind Roti, Kottu, Milchreis, Hopper und Coconut Sambol. In der Küstengegend gibt es zudem immer fangfrischen Fisch und Meeresfrüchte.

Nicht zu vergessen sind auch die vielen frischen Früchte (z. B. Ananas, Bananen, Mango, Papaya und Mangosteen), die in Sri Lanka viel besser schmecken als die Importwarte bei uns zu Hause. Was bei einer Reise nach Sri Lanka außerdem niemals fehlen darf: Die eine oder andere Kingcoconut, die quasi überall am Wegrand verkauft wird. Das Wasser der Kingcoconut hydriert und kühlt den Körper, weshalb sie bei den Einheimischen sehr beliebt ist.

Travel-Talk Sri Lanka: Interview & Insider-Tipps von der Sri-Lanka-Expertin Anja KainzWie viel Geld braucht man monatlich zum Leben in Sri Lanka?

Das kommt ganz darauf an, wie man lebt. Generell gilt: Alles, was lokal produziert und hergestellt wird, ist zu sehr günstigen Preisen erhältlich. Eine warme, lokale Mahlzeit bekommt man schon für rund 1 Euro, eine Unterkunft ab ca. 10 Euro pro Tag. Wenn man es aber etwas gemütlicher mag, gerne auch internationale Küche probiert und auf Komfort Wert legt, muss man schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Alle importierten Produkte (z. B. Kaffee, Alkohol, Wurst und Käse) sind in Sri Lanka verhältnismäßig sehr teuer und quasi auf europäischem Niveau. Gut ausgestattete, komfortable Hotels sind in Sri Lanka deshalb nicht ganz günstig, da die Hotels (noch) viel importieren müssen. 

Eine Sache über Sri Lanka, die die wenigsten wissen?

Kopfschütteln (bzw. mit dem Kopf von rechts nach links wackeln) bedeutet in Sri Lanka nicht „nein“, sondern „okay“. Wenn man das nicht weiß, sind zahlreiche Missverständnisse und Kommunikationsprobleme vorprogrammiert.

Eine Sache, die man niemals in Sri Lanka machen sollte?

Obwohl es in Sri Lanka schon ein paar sehr touristische Orte gibt, sollte man sich auch dort an die lokalen Gepflogenheiten halten. Ich habe zum Beispiel erlebt, dass Frauen im Bikini auf die Straße gehen und sich halbnackt ins nächste Restaurant setzen. Das ist für die Einheimischen gar nicht okay, jedoch ist man zu höflich, um die Touristen darauf hinzuweisen. Wer die Kultur in Sri Lanka mit Respekt behandeln möchte, kleidet sich am besten immer und überall (mit Ausnahme am Strand) eher konservativ.

Der buddhistische Teil der Sri Lanker (der Großteil der Bevölkerung) ist außerdem sehr empfindlich, was ihre Religion betrifft. Buddha-Tattoos sollten deshalb unbedingt bedeckt gehalten werden. Diese gelten als stark beleidigend, was unter Umständen sogar zu Gefängnisstrafen führen kann. Strikt zu vermeiden sind außerdem Fotos, bei denen man einer Buddha-Statue den Rücken zukehrt oder auf denen man mit einer Buddha-Statue posiert. Alleinreisende Frauen sollten sich außerdem an ein paar Regeln halten, um Missverständnisse zu vermeiden. Hier möchte ich auf die Infos auf unserer Website verweisen.

Travel-Talk Sri Lanka: Interview & Insider-Tipps von der Sri-Lanka-Expertin Anja KainzDu stellst individuelle Reiserouten für Urlauber zusammen. Was ist dabei die größte Herausforderung?

Herausfordernd wird es für mich nur dann, wenn meine Kunden bereits eine sehr konkrete Vorstellung betreffend ihrer Reise haben, die aber so nicht bzw, nicht gut umzusetzen ist. Nicht jede Route ist für jede Jahrezeit gut geeignet und manchmal reicht die verfügbare Reisezeit einfach nicht aus, um alle Wunschausflugsziele unterzubringen. Dann muss ich meine Kunden davon überzeugen, dass meine Alternativroute die bessere Option für sie ist. Als Sri-Lanka-Spezialistin ist es mir außerdem sehr wichtig, dass meine Kunden nur die besten Erfahrungen in Sri Lanka machen. Ich werde also niemals eine Reise planen, die während dem Monsun in die Regengebiete führt, nur weil ich die Tour dann super-billig anbieten kann. Sri Lanka ist ganzjährig eine sehr gute Reisedestination, man muss aber wissen, wann man wo hinfahren kann.

Gibt es Klassiker, die du in jede deiner Touren einbaust?

Nein. Die Routen-Zusammenstellung richtet sich immer zu 100% nach den Interessen meiner Kunden. Wenn man zum ersten Mal in Sri Lanka ist, empfehle ich aber grundsätzlich, sich zumindest einige der Highlights der Insel anzusehen. Die typischen Klassiker wären dabei die UNESCO-Weltkulturerbestätte, die Teeplantagenlandschaft, eine Zugfahrt und zumindest eine Safari.

Gibt es Orte, die du niemals in deine Touren einbaust?

Ja, ich versuche immer, die Monsungebiete zur Monsunzeit soweit es geht zu vermeiden. In Sri Lanka gibt es zwei Monsune, die sich örtlich abwechseln. Man kann also ganzjährig Reiserouten planen, die nicht in die Monsungebiete führen. Man muss nur wissen, wann man wo hinfahren kann.

Travel-Talk Sri Lanka: Interview & Insider-Tipps von der Sri-Lanka-Expertin Anja KainzWenn du deinem Vergangenheits-Ich, das Sri Lanka noch nicht kennt, die perfekte Reise durch das Land zusammenstellen solltest: Wie würde die Tour aussehen?

Auf jeden Fall würde ich für mein Vergangenheits-Ich eine Reise mit einem privaten Guide planen. Ich war früher immer als Backpacker unterwegs, da ich dachte, dass das der Weg ist, wie man am individuellesten reist. Durch meinen neuen Beruf habe ich nun aber erkannt, dass das genau nicht so ist. Als Backpacker hält man sich meist an irgendwelche Reiseführer oder Bewertungen im Internet. Man braucht eben einen Anhaltspunkt. Im Endeffekt macht man so aber genau das, was eigentlich eh jeder macht. Einmal mit dem Bus oder dem Zug in Sri Lanka zu fahren, ist zwar ganz amüsant, jedoch würde ich diese nicht mehr zu meinen Hauptverkehrsmitteln machen.

Mit den Öffis ist man im Grunde sehr unflexibel, da man immer an das öffentliche Verkehrsnetz gebunden ist und mit Sack und Pack nicht einfach irgendwo am Weg aussteigt. Reist man mit einem privaten Fahrer kann man jederzeit Abstecher auf der Strecke machen (die sich meist wirklich lohnen und die einen abseits der Haupttouristenroute führen) und man kann jederzeit immer und überall aussteigen. Man braucht sich an keine Fahrpläne zu halten und kann sich überall so lange Zeit lassen, wie man möchte. Außerdem verbringt man viel Zeit mit einem Einheimischen und lernt so sehr viel über deren Land, Leute, Kultur, Bräuche und Denkweisen.

Deine persönlichen Highlights in Sri Lanka?

Whale Watching mit Raja & the Whales, eine Wanderung im Knuckles-Gebirge, ein Aufstieg auf den Pidurangala Rock, die UNESCO Welterbestadt Galle und die Zugfahrt von Ella nach Nanu Oya. Eigentlich gibt keinen einzigen Ort auf der Insel, den ich missen möchte. Sri Lanka ist einfach ein kleines Paradies.


Zur Person:
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Anja Kainz hat 2012 ihren sicheren Finanzjob an den Nagel gehängt, um ihrem Bauchgefühl zu folgen, das sie nach Sri Lanka führte. Heute ist sie eine Spezialistin für individuelle Sri Lanka-Reisen und nennt die kleine Tropeninsel im Indischen Ozean ihre zweite Heimat. Mehr Infos auf sri-tours.at.

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