Traditionelle Geschlechterrollen in Indien machen es Frauen nicht einfach, wenn es um den Zugang zu Bildung und Beruf geht. „Women on Wheels“ ist eine Initiative, die benachteiligten Frauen eine Berufsausbildung und eine Zukunftsperspektive ermöglicht: Junge Frauen werden zu Airport- Drivern ausgebildet. Savita Rai ist eine von ihnen. Sie fährt weibliche Touristinnen im „Women on Wheels“-Taxi durch die Stadt. 12 Fragen, 12 Antworten - und jede Menge Insidertipps für Delhi.
Interview & Insidertipps für Delhi ♥ Lesezeit: 5 Minuten
Wenn du den Charakter der Menschen in Delhi in einem Satz beschreiben müsstest: Was würdest du sagen?
Delhites sind gute Leute, aber wie in allen Städten muss man wissen, wem man vertraut, da es immer noch einige Betrüger gibt!
Was ist das Beste daran, in Delhi zu leben?
Es gibt so viele historische Sehenswürdigkeiten und Orte, die man sich anschauen sollte. Es heißt, Delhi besteht aus sieben einzelnen Städten, die in den letzten 1.000 Jahren gebaut und gefallen sind. Jede Stadt hat ihre eigene Geschichte und Denkmäler. Man findet sie überall: in Parks, in lokalen Nachbarschaften und in der Mitte von Kreisverkehren.
Hast du einen Lieblingsort abseits der Touristenmassen?
Es ist nicht wirklich abseits der ausgetretenen Pfade, aber ich muss meinen Favoriten nennen: Humayuns Grab! Alle reden über das Taj Mahal in Agra, während Humayuns Grab selten erwähnt wird und in Vergessenheit gerät. Das Grab ist großartig und hier in meiner Stadt. Es wurde vor dem Taj erbaut und ist Indiens erstes Gartengrab und die Inspiration für das Taj Mahal. Es ist so ein wunderschöner, friedlicher Ort.
Deine Lieblingsshops in Delhi?
Lajpat Nagar Central Market. Dieser riesige, geschäftige Markt bietet alles, was ich brauche. Von Kleidung über Entspannung bis hin zum Hochzeitsoutfit. Die Preise sind niedrig – sofern man hart verhandelt. (lacht) Und es gibt so viele Juttis (eine traditionelle Art von bestickten Schuhen) zur Auswahl.
Deine Lieblingsrestaurant in Delhi?
„Haldiram“, eine Restaurantkette mit vielen Filialen. Es gibt eine große Auswahl an fantastischen Gerichten. Von Dosa (eine Art Pfannkuchen) und Idli (gedämpfte, flach-runde Küchlein) aus den südindischen Staaten über die würzigen Currys der nördlichen Staaten bis hin zu einer Vielzahl von Chat (eine Art indischer Snack)! Die Regale sind voll mit Süßigkeiten bestückt, die wir besonders während der Festivals lieben. Und im Sommer mag ich die Klimaanlage fast genauso sehr wie das Essen! (lacht)
Die beste lokale Spezialität, die man kosten muss – und wo?
Chole Bhature schlägt alles! Es ist ein Punjabi-Kichererbsengericht mit warmen Gewürzen wie Kreuzkümmel, Koriander, Gewürznelke und Chili. Wir essen es zum Frühstück, für einen Snack am Vormittag, zur Mittagszeit, am Nachmittag und am frühen Abend. Aber niemals nachts! Bhature ist ein frittiertes Brot aus Mehl, Joghurt und etwas Zucker. Der beste Ort, um es zu bekommen, ist meine lokale Dhaba (ein indischer Straßenstand) in Madhu Vihar. Der Typ, der es leitet, ist ein Zauberer, wenn es darum geht, Bhature zu machen.
Beschreibe einen normalen Arbeitstag bei “Women on Wheels”.
Mein Tag beginnt mit Kaffee und der Vorbereitung auf meine Schicht. Die meisten Nordinder trinken Chai, aber ich bin eine Kaffeeliebhaberin. Meine Mutter rennt herum und erledigt die Hausarbeit für die Familie. Sie macht mein Frühstück und mein Lunchpaket. Dann fange ich an, Frauen in der Stadt herumzuführen, wohin sie wollen. Ich liebe es, zu fahren und die Stadt zu sehen. Nach meiner Schicht kehre ich nach Hause zurück, um meiner Mutter bei den Hausarbeiten zu helfen.
Wann hast du deinen Führerschein bekommen?
Ich hatte erst das dritte Mal Glück. Ich habe 2015 bestanden, nachdem ich zweimal gescheitert bin. Ich war verärgert, als ich versagte, aber ich war entschlossen, Erfolg zu haben. Ich übte weiter. Jetzt teile ich meine Erfahrungen mit anderen, um ihnen zu helfen.
In den Straßen von Delhi sind fast nur Männer unterwegs. Wie fühlt es sich an, als Frau hinter dem Steuer zu sitzen und für “Woman on Wheels” zu fahren?
Es gibt viel mehr Männer, die fahren. Weibliche Taxifahrer sind immer noch ein seltener Anblick. Ich hörte früher unterwegs viele Kommentare von männlichen Fahrern; heute ist es weniger. Ich weiß nicht, ob das so ist, weil ich nicht mehr darauf reagiere, oder weil Männer erkennen, dass es das Recht einer Frau ist, unterwegs zu sein.
Deine lustigste Erfahrung bei “Woman on Wheels”?
Oh, ich weiß nicht – auf den Straßen von Delhi ist immer etwas los! Ausländische Touristen sind immer fasziniert von den umherstreifenden Kühen, den Affen am Straßenrand und Pferden, die den ein oder anderen Bräutigam zur Hochzeit bringen. Passagiere hängen an Rikschas und fahren zu viert auf Motorrädern. Ausländische Passagiere können nicht glauben, was sie sehen. Das macht gleich die erste Meile ihrer Reise so besonders.
Du magst es, Frauen im Taxi durch Delhi zu führen, weil …
Wir teilen unser Leben, Geschichten und Erfahrungen miteinander. Frauen, die mit mir fahren, wollen verstehen, wie das Leben eines Inders, speziell einer Frau in Indien, ist und wie das Fahren eines Taxis in der Stadt ist, wenn fast jeder andere Fahrer ein Mann ist. Ich lerne auch Englisch, daher ist es großartig, mit ausländischen Passagieren zu üben. Viele korrigieren mich, wenn ich Fehler mache und helfen mir, die richtigen Worte zu finden. Ich höre auch gerne Dinge über ihr Land und Leben, weil es sich von dem unterscheidet, was ich kenne.
Eine Sache, die man keinesfalls machen darf, wenn man in Delhi ist?
Seid nicht naiv gegenüber Trickbetrügern! Leider sind viele dieser Betrüger Taxi- und Rikschafahrer. Einige überladen ihre Rikschas, andere bringen sie in ein Geschäft, in dem sie vom Eigentümer eine hohe Provision erhalten. Wenn jemand anbietet, euch gegen eine geringe Gebühr in einen „großen“ Laden zu bringen, fragen euch bitte warum.
Zur Person
Savita Rai (24) lebt in Neu-Delhi und arbeitet als Fahrerin bei „Women on Wheels“ (ab ca. INR 500, circa € 6,20), einer Initiative, die benachteiligten Frauen eine Berufsausbildung ermöglicht.
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Tolles Interview!
Sehr guter Beitrag. Delhi muß man mindestens einmal im Leben besucht haben! 🙂