Smaragdgrünes Wasser, weißer Kies und eine grüne Auenlandschaft verleihen der Steyr ihren romantischen Ruf. Entlang des Ufers verläuft mit dem Steyrtal Radweg eine Route voller Naturschauplätze, aber auch Geschichten und Menschen, die vom Handwerk und den Traditionen von einst erzählen. Wer der Steyr entlangradelt, begegnet klangvollen Maultrommeln, glühend heißen Sensen und Schwertern, wildromantischen Ufern und sogar Wilderern im Wald.
Steyrtal Radweg: Natur, Handwerk und Traditionen entlang der Steyr ♥ Lesezeit: 10 Minuten
„Fensterln“ ist heute ausgestorben. Männer, die nachts heimlich mit einer Leiter zum Fenster der Geliebten klettern, gibt es nicht mehr. Jene Brautwerbung, die einst in Süddeutschland und Österreich üblich war, ist im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen, nicht aber die Geschichten drumherum. In Molln erzählt man sich heute noch eine ganz besondere. Hier wurden beim „Fensterln“ nämlich keine kleinen Steinchen gegen das Fenster geworfen, um die Frau zu wecken, sondern mit der Maultrommel gespielt. Nach wenigen Tönen war die Geliebte wach – und das Gspusi garantiert. Allerdings besagt eine Legende, dass es in Molln zu einer hohen Anzahl an unehelichen Kindern kam – und das „Fensterln“ mit Maultrommel mehrere Jahre lang verboten war.
Steyrtal Radweg: Von Maultrommeln und Steirische Harmonikas
Wie nahe Wahrheit und Dichtung dieser Geschichte beieinanderliegen, kann Karl Schwarz nicht beantworten, dafür aber spielt er heute noch auf seinen Maultrommeln und hält eine Tradition aufrecht, die es so nur in Molln in Oberösterreich gibt. Bereits im Jahr 1679 begann die Familie Schwarz mit der Produktion von Maultrommeln. Wo es früher rund 40 Maultrommel-Meister gab, sind heute nur noch zwei übrig; die Maultrommelmanufaktur (Im Sperrboden 1, 4591 Molln) von Karl Schwarz ist der letzte hauptberufliche Hersteller. Der Erfolg kann sich sehen lassen: Rund 100.000 Maultrommeln werden jährlich produziert und in mehr als 40 Länder weltweit verschickt. 2014 wurde die Herstellung der Maultrommel sogar von der UNESCO in das österreichische Verzeichnis des Immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen.
Wer in Molln zur Maultrommelmanufaktur kommt, kann sich selber an einer Maultrommel ausprobieren, eine Führung machen und sogar eine Steirische Harmonika kaufen. Denn seit den 1970er-Jahren steht das Unternehmen auch für die artverwandte Steirische Harmonika. Was auf den ersten Blick nicht logisch scheint, ergibt auf den zweiten Sinn: Die Stimmzunge der Harmonika ist mit der schwingenden Feder der Maultrommel fast identisch, daher baute sich Familie Schwarz ein zweites Standbein mit der der „Original Kärntnerland“ Harmonika auf.
Steyrtal Radweg: Land der Hämmer, hollywoodreich
Am Rand des Nationalparks Kalkalpen gelegen, ist der kleine Ort Molln eine von jenen Stationen, die auf dem Steyrtal Radweg R8 liegen und vom Handwerk von einst erzählen. 70 Kilometer erstreckt sich die Steyr von ihrem Ursprung in Hinterstoder bis zur Mündung in Steyr, dazwischen gibt es viel zu entdecken und erleben. Das Wasser ist beinahe smaragdgrün, weiße Kiesel säumen das Ufer. Den Verlauf des Flusses begleiten Stromschnellen, Schotterbänke, Naturdenkmäler – und Handwerk und Traditionen von einst. Denn der Steyrfluss hat nicht nur das Land geprägt, sondern auch die Menschen, die hier leben.
Gerade mal zehn Radminuten entfernt von der Maultrommelmanufaktur machen Besucher eine Zeitreise zur Schmiedekunst von einst bei Johann und Georg Schmidberger in der „Schwertschmiede Schmidberger“ (Schmiedstr. 17, 4591 Molln). Seit dem 14. Jahrhundert wird hier gehämmert und geschmiedet und mit den Urelementen Wasser, Luft, Erde und Feuer gearbeitet. 1.200 Grad wird der Stahl heiß, um ihn so zu bearbeiten und verwandeln, wie es seine Bestimmung ist: zu Blankwaffen genauso wie zum Brustpanzer, zu Sensen und Schwertern – und zu einzigartigen Stücken, die in die Welt verschickt werden. So trägt die Schweizer Garde im Vatikan geätzte Harnische und Helme, handgefertigt in Molln von Johann und Georg Schmidberger.
Auch Filmausstatter und Requisiteure wurden schon lange auf das talentierte Brüder-Duo aufmerksam: So stattete die Schmiede den Film „Braveheart“ aus, passte Bruno Ganz einen Brustpanzer für seine Rolle als Odysseus in „Itaka“ an und kreierte ein Eisengewand für Placido Domingo, in dem er den Othello sang. Land der Hämmer, hollywoodreich. Viele Zuschauer, die die stählernen Werke in Filmen oder auf der Bühne bewundern, ahnen nicht, dass der kleine Ort Molln die Produktionsstätte dieser ist; umso schöner ist es, auf dem Steyrtal Radweg bei den kreativen Brüdern haltzumachen und sich in der geschichtsträchtigen Schmiede umzusehen.
Steyrtal Radweg: Wild, wilder, Wilderer
Währenddessen fließt die Steyr unberührt im Tal unterhalb Mollns weiter und erzählt ihre eigene Geschichte, wenn man an ihrem Ufer entlangradelt. Die Steyr wurde und wird heute noch hauptsächlich zur Energiegewinnung genutzt und ist dadurch mit dem Handwerk der Region eng verbunden. Denn die Kraft des Wassers wurde zum direkten Antrieb von Mühlen oder Schmiedehämmern und später zur Stromerzeugung genutzt. Auch die Fließgeschwindigkeit des Flusses schreibt ein eigenes Kapitel in der Geschichte der Steyr: Früher waren auf dem Wasser Bretterflöße unterwegs, sogenannte Ladenkarl. Diese Flöße waren durchschnittlich 5 Meter lang, 4 Meter breit und 50 Zentimeter hoch, wurden von einem Mann gesteuert und zumeist bis Steyr gefahren, wo der Fluss mit der Enns zusammenfließt. Noch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war die Steyr ein wichtiger Transportweg für Sägewerke. Radelt man heute am Ufer, ist das Wasser zwar leer, doch Stromschnellen und Wasserwerke stehen für viele Spuren von früher.
Dass die Geschichten und Landschaften entlang der Steyr nicht nur wildromantisch, sondern sprichwörtlich wild sind, merkt man beim „Wirt im Dorf“ (Im Dorf 1, 4591 Molln). Im Rahmen der Landesausstellung „Land der Hämmer” wurde 1998 in den ehemaligen Stallungen des Gasthauses Zrenner ein Museum eingerichtet. Hier dreht sich alles um die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung Mollns: um die Maultrommelmacher, Sensenschmieder und Schaufelhacker genauso wie um die Jagd und ihre dunkle Seite: die Wilderei.
Denn die hat eine lange Geschichte in der Region. Als zur Zeit des Ersten Weltkrieges Lebensmittelknappheit und Rohstoffmangel herrschten, war die Not groß. Ein Effekt war ein Aufkommen der Wilderei. Der Wilddiebstahl nahm zu, was zu Auseinandersetzungen zwischen Jägern, Förstern und Wilderern führte – und in dem tragischen Mord des gräflich Lamberg’schen Försters Johann Daxner und der „Wildererschlacht von Molln“ 1919 endete. Die Geschichte der Wilderer von einst wird im „Museum beim Wirt“ erlebbar – und die Produkte aus dem Wald – heute ganz legal gejagt – landen im Gasthof auf dem Teller: Der „Wirt im Dorf“ ist bekannt für seine großartigen Wildspezialitäten.
Steyrtal Radweg: Freilichtmuseum
Ein Museum der anderen Art liegt malerisch im Tal des Rinnerbergerbaches. Je näher man dem „Freilichtmuseum Schmiedleithen“ (Schmiedleiten, 4592 Leonstein) entgegenradelt, umso schärfer zeichnen sich die Konturen des historischen Sensenwerk-Ensembles in der Ferne ab. Schon im 13. Jahrhundert standen hier eine Mühle und eine Messerwerkstatt. Heute thront über einem üppigen Garten noch ein Herrenhaus, das auf saftige Salate und Kräuter herabblickt; frisches Gemüse und Obst übrigens, das jeder ernten darf. Der Garten ist stets offen. Wichtig ist nur, alles sauber und eine Spende in die Dose an der Eingangstür zu hinterlassen.
Weniger Meter neben Garten und Gewächshaus reihen sich geschichtsträchtige Gebäude aneinander: Arbeiterunterkünfte, Werkstätten, Lager, Stallgebäuden, die rund um das Jahr 1600 entstanden. Lange betrieb hier die Familie Zeitlinger ihr Werk, mit Schmieden, Dienstpersonal und Handwerkern. Rund 100 Leute waren einst angestellt und wohnten zum Teil auch auf dem Gelände. Dann wurde es ruhig – bis anlässlich der Landesausstellung „Land der Hämmer” 1998 das Ensemble renoviert wurde. Die Häuser sind teilweise auch heute bewohnt. Wer will, stoppt bei der Tour am Steyrtal Radweg und macht eine Pause mit einer Tour durchs Freilichtmuseum, schlendert über den Themenweg und taucht ein in die Geschichte von einst, ehe es zurück auf den Radweg ans Wasser geht.
Steyrtal Radweg: Wildromantische Ufer
So wildromantisch die Steyr sich ihren Weg nach Steyr bahnt, so wüst kann der Fluss auch manchmal sein. Hochwasser gehört zum Alltag der Bewohner der drittgrößten Stadt Oberösterreichs und richtete über die Jahrhunderte enorme Schäden an. Nach dem Jahrhunderthochwasser im Jahr 2002 wollte sich die Stadt wehren und einen Weg finden, Steyr vor den Wasserfluten zu schützen. Eine wichtige Maßnahme war der Bau eines künstlichen Nebengerinnes am westlichen Stadtrand in Unterhimmel.
2009 wurde das Gebiet Himmlitzer Au geschaffen; ein Nebenarm, in dem sich nun bei Hochwasser der mit dem Fluss transportierte Schotter ablagern kann. Dadurch wird ein Weitertransport der Sedimente verhindert und die Stadt geschützt. Bei aller Logik und Technik dieser Maßnahmen drängte sich aber auch die Romantik der Steyr wieder in den Vordergrund: Die Himmlitzer Au entwickelte sich zu einem malerischen Naherholungsgebiet in Stadtnähe zu Steyr – mit Naturbadestränden und Spazier- und Wanderwege direkt am Ufer.
Steyrtal Radweg: Historische Schienen
Die letzte Strecke des Steyrtalradweges in Richting Stadt würde entlang der Himmlitzer Au führen, die letzte Geschichte der Region und des Flusses erzählt sich aber besser auf historischen Schienen. Denn zwischen Grünburg und Steyr fährt die älteste Schmalspurbahn Österreichs. Ein großer Teil des Steyrtal Radwegs führt deshalb heute noch entlang der alten Schienen. 1888 wurde die Steyrtalbahn AG gegründet, bereits 1889 die Strecke Garsten-Grünburg eröffnet und ein Jahr später die Verlängerung nach Agonitz. 1909 erreichte das Netz der Steyrtalbahn seine größte Ausdehnung von 55 Kilometern. Doch die Nachfrage sank. Erst durch neue Autobuslinien von Steyr nach Bad Hall und Grünburg, später im Zweiten Weltkrieg. Weil es viele Schäden gab, wurde die Strecke eingestellt.
Es dauerte dann bis 1985, bis die Geleise wieder in Betrieb genommen wurden. Die „Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte“ übernahm die Bahn und betreibt seither den Abschnitt wieder als Museumsbahn mit Dampfzügen. Die Loks und Waggons wurden mit viel Liebe zum Detail restauriert und verströmen jede Menge Nostalgie, wenn man nach der Radtour in die „Museumsbahn“ steigt und die 17 Kilometer lange Strecke von Grünburg nach Steyr durch die Aulandschaft des Steyr-Flusses zurücklegt.
Die 5 kühlsten Stopps am Steyrtal Radweg im Sommer
#1 Steyr-Schlucht
Eine frische Brise um die Nase und ein atemberaubender Blick erwartet Radfahrer an der Oberkante der Steyr-Schlucht in Leonstein kurz vor/nach der Überquerung der Bundesstraße. Auf einer Aussichtsplattform genießt man den Blick in den Canyon der Steyr.
#2 Unterhimmler Au
Kurz rasten, im Schatten picknicken oder doch ins kühle Nass springen? In der malerischen Unterhimmler Au kann man eine tolle Pause einlegen. Hier gibt es Naturbadestrände und Spazier- und Wanderwege direkt am Ufer der Steyr.
#3 Klauser Stausee
Wer länger pausieren will und ein paar Stunden Wasserspaß genießen möchte, sollte am Klauser Stausee stoppen. Hier gibt es einen Naturbadeplatz am Stausee, inklusive Sandstrand, Spielplatz, Bootsverleih und Gasthaus.
#4 Rinnende Mauer
An heißen Tagen ist ein Besuch an der Rinnenen Mauer die ideale Abkühlung. Hier tritt aus bis zu sieben Metern Höhe Wasser aus.
#5 Rinnerberger Wasserfall
Wasser marsch heißt es am Rinnerberger Wasserfall, wo der Rinnerberger Bach einen imposanten Wasserfall inmitten einer wilden Klamm in den Fels gefurcht hat.
Praktische Infos
eBikes ausleihen: Die Firma eMobility (Enge Gasse 16, 4400 Steyr) war eines der ersten Unternehmen, die das große Potential von eBikes erkannte. In Steyr kann man eBikes leihen oder kaufen.
Geführte Radtouren: Wer lieber in einer Gruppe und in Begleitung eines Guides radeln möchte, kann das jederzeit tun und eine geführte Radtour über eMobility buchen.
Radkarte: Seit 2019 gibt es eine neue Radkarte vom Steyrtal Radweg mit der genauen Streckenführung und vielen nützlichen Informationen. Die Karte gibt es kostenlos in den Informationsbüros vom Tourismusverband Steyr + Nationalpark Region, im Nationalparkzentrum Molln – oder zum Downloaden.
Rad-Shuttle-Bus: Wer nicht die ganze Strecke fahren möchte, kann auch auf den Rad-Shuttle-Bus umstiegen. Der fährt im Sommer an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen. Abfahrtszeiten und Haltestellen findet man hier. Wichtig: Die Plätze sind begrenzt, daher muss man vorab buchen!
Erlebnisstationen: Der Steyrtal Radweg gilt als familienfreundlich, deshalb gibt es unterwegs kleine Erlebnisstationen, wo Kinder spielen, raten und Fragen beantworten können.
Fahrradfreundliche Betriebe: Unterwegs gibt es jede Menge Restaurats und Gasthäuser, in denen Radfahrer sich stärken können. Besonders praktisch sind die „fahrradfreundlichen Betriebe“. Hier findet man unter anderem Werkzeug für kleinere Reparaturen, absperrbare Fahrradräume und Infomaterial zum Radfahren in der gesamten Radregion.
Radweg-Verlängerung: Wem der Steyrtal Radweg nicht reicht, der kann die Strecke ganz einfach verlängern und auf die Seitentäler ausweichen. Besonders beliebt sind die Radwege der Varianten R 801 und R 802. Der R 801 führt von Klaus über Frauenstein und die Ramsau direkt nach Molln, der R 802 von der Haunoldmühle in Obergrünburg über die Aulandschaft am rechten Steyr-Ufer ins Ortszentrum von Steinbach/Steyr.
Achtung: Noch bis voraussichtlich Ende September gibt es eine Teilabschnitt-Sperre des Steyrtaler Radweges an der Baustelle Umlegung B140 / Steyrtalstraße 21 und der Uferstraße Untergrünburg ab dem Steyrsteg in Richtung Leonstein. Diese Teilsperren finden wochentags statt, an Wochenenden und Feiertagen ist die Strecke geöffnet.
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♥ Offenlegung
Dieser Artikel entstand in einer bezahlten Zusammenarbeit mit Oberösterreich Tourismus. Meine Meinung ist aber völlig unvoreingenommen und stets meine eigene.
Hallo Jasmin, ich bin Susanne Fürschuß und wohnhaft in Molln. Aktuell mache ich eine neue Website für unseren Wirten im Dorf. Ich bin noch auf der Suche nach schönen Fotos von der Umgebung, dabei bin ich auf dienen Blog gestoßen. Grade die Fotos vom Radweg könnte ich gut verwenden und gebrauchen. Wäre es möglich diese zu verwenden unter Angabe des Fotocredits bzw. könnte ich dann auch deinen Blog verlinken auf der Website?! 🙂
Wenn du dich kurz melden könntest wäre toll! 🙂
Danke, lg Susanne