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Highlights in Cancale: Die Austern-Hochburg der Bretagne

Einst sandten französische Könige ihre Boten nach Cancale, um die begehrten bretonischen Austern am Pariser Hof essen zu können. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Louis XVIII. zehn Dutzend Austern als Vorspeise zu jeder seiner Mahlzeiten verschlungen haben soll. Kein Wunder, dass Cancale noch heute als Austern-Hochburg der Bretagne bekannt ist.


Highlights in Cancale: Die Austern-Hochburg der Bretagne ♥ Lesezeit: 6 Minuten


Keine Frage: Die Franzosen lieben ihre Austern. Die außergewöhnliche Meeresfrucht wird an der gesamten französischen Küste gezüchtet. Rund 130.000 Tonnen landen jedes Jahr an Land. Spitzenreiter ist die Bretagne mit einem jährlichen Ertrag von 43.500 Tonnen, gefolgt von Poitou-Charente (29.500 Tonnen) und der Normandie (27,000 Tonnen).

In der Bretagne schmiegt sich ein Ort an den Ozean, der als Austern-Hochburg bekannt ist. Cancale hat nur 5.000 Einwohner, doch fast 50 Betriebe ernten hier über 6.000 Tonnen Austern im Jahr. Seit November 2019 gehören Austern aus Cancale zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. Die nördlichste Gemeinde des Départements Ille-et-Vilaine liegt im Nordwesten der Bucht von Mont-Saint-Michel.

Highlights in Cancale: Die Austern-Hochburg der Bretagne

Es ist der besonderen Lage und den Gezeiten geschuldet, dass die Austern so gut gedeihen. Der starke Tidenhub und das Schaukeln der Austern im Rhythmus der Gezeiten sorgt für den einzigartigen Jodgeschmack. Dazu kommt ein besonders klares und sauerstoffreiches Wasser. 

Da wundert es nicht, dass die „ostréiculture“, die aufwändige Zucht der Austern im Wechsel der Gezeiten, in Cancale erfunden wurde. Ebbe und Flut zeigen sich hier von ihrer wildesten und stärksten Seite. Europaweit gibt es in der Bretagne den größten Tidenhub. Bis zu 12 Kilometer kann der Unterschied zwischen Ebbe und Flut betragen und bis zu 14 Meter der Höhenunterschied.

Highlights in Cancale: Die Austern-Hochburg der Bretagne

Austern von Cancale: Königlicher Geschmack

Der besondere Geschmack der Austern von Cancale ist seit jeher bekannt. Schon Franz I., ein französischer König aus dem Haus Valois-Angoulême, galt als Fan. Weil er die Austern aus der Bucht von Mont-Saint-Michel so gerne aß, verlieh er Cancale bereits 1545 den Titel einer Stadt. Zahlreiche französischen Könige sandten in Laufe der Jahrhunderte ihre Boten nach Cancale, um die begehrten Austern am Pariser Hof essen zu können. Noch heute heißt es, dass einst Louis XVIII. zehn Dutzend Austern als Vorspeise zu jeder seiner Mahlzeiten verschlang.

Es waren auch die Könige, die im 18. Jahrhundert die alte Regel der Monate mit R im Alltag der Franzosen fest verankerte. Diese besagt, dass man in den Monaten ohne R – also im Mai, Juni, Juli und August – keine Austern essen sollte. Anlass dafür war die große Nachfrage. Um die Bestände zu schonen und den Austern Zeit zu geben, sich in den Sommermonaten reproduzieren zu können, gab es in den Jahren 1759 und 1766 zwei königliche Dekrete, die das Verkaufsverbot für Austern in den Monaten ohne R festlegten. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1929 war die Austern-Fischerei sogar auf eine von der Fischerei-Behörde überwachte kurze Periode im März und April beschränkt.

La Ville Haute: Die Oberstadt von Cancale

Die Kernstadt von Cancale gliedert sich in zwei Stadtteile: die Oberstadt (La Ville Haute) in 45 Meter Seehöhe über der Bucht und den Hafen (La Houle) direkt am Meer. Die Straße Val du Badet verbindet beide Stadtviertel. Die Oberstadt ist das Herz des pittoresk anmutenden Dorfes. Das Flair ist heimelig. Das ist der geringen Einwohnerzahl von knapp über 5.000 Menschen geschuldet – und weniger Touristen. Die zieht es eher nach Saint-Malo oder Mont-Saint-Michel. Vor allem in der Nebensaison ist es ruhig in Cancale. 

Highlights in Cancale: Die Austern-Hochburg der Bretagne

Die Oberstadt stellt das Zentrum von Cancale mit dem Markt, mehreren Geschäften und den prächtigen Badevillen-Siedlungen an der Pointe du Hock und entlang der Rue Robert Surcouf. Ein Highlight ist die Kirche Saint-Méen, vor der der Brunnen „Les laveuses d’huîtres“ steht. Übersetzt bedeutet der Name „Die Austernwäscherinnen“. Der Brunnen erinnert an jene Zeit, als Austern noch nicht gezüchtet, sondern in großen „Caravanes“ vom Grund der Bucht geholt wurden. Dabei handelte es sich um Hunderte kleine Zweimaster, aus denen die Fischer die Austern vom Meeresgrund schöpften.

La Houle: Der Hafen von Cancale

Der romantische Hafen von Cancale liegt direkt am Meer und erstreckt sich über die gesamte Länge der Unterstadt. Hafenbecken gibt es keines, die Boote der Austernzüchter ankern direkt vor den Hafenmauern – und bei Ebbe auf dem Trockenen. Dann liegen auch die Austernparks frei. Zwischen kniehohen Holzgestellen, in denen grob gewebte Säcke hängen, breiten sich die berühmten Zuchtbänke aus, wenn das Meer sich zurückzieht. Die Austernparks von Cancale erstrecken sich auf einer Fläche von mehr als 360 Hektar.

Entlang der Uferpromenade reihen sich pittoreske Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert aneinander, dazwischen befinden sich Hotels und Restaurants. Neben den dominierenden Austern geben auch Miesmuschel-Gerichte den Ton an. In der Bucht des Mont-Saint-Michel werden zunehmend auch Miesmuscheln kultiviert. Frischer als am Hafen von Cancale werden Austern nicht serviert. Zahlreiche Verkaufsstände bieten Schalen- und Krustentiere an, die gerade noch im Meer waren. Die blau-weiß-gestreiften Zelten auf dem täglichen Austernmarkt sind nicht zu übersehen. Von der Uferpromenade reicht ein Pier ins Meer: Von „La Cale de l’Épi“ hat man einen prächtigen Blick auf Cancale.

Port-Mer: Der Strand von Cancale

Cancale liegt meerumspült und wird von den Gezeiten dominiert. Insgesamt säumen acht Strände die Küste von Cancale. Im Stadtteil Port-Mer liegt der wohl beliebteste Sandstrand, nur wenige Kilometer von Cancale entfernt. Hier gibt es nur eine Hauptstraße und einen kleinen Hafen, dafür einen menschenleeren Strand und die Möglichkeit, die Bretagne vom Wasser aus zu erleben. 

Der Delfinverein Al­lark (Centre Nautique, Rue Eugène et Auguste Feyen, 35260 Cancale) veranstaltet täglich Bootstouren durch die Bucht, die so groß ist, dass ganz Paris reinpassen würde. Das Besondere: Die Bucht ist die Heimat von rund 300 Delfinen – und die Wahrscheinlichkeit, welche zu sehen, liegt bei 70%. Und selbst, wenn es nicht klappt, schippert man über das Meer, staunt über Felsformationen und Klippen und bekommt ein anderes Naturschauspiel geboten. Die Tour führt auch zur Inselgruppe der Sept Îles, einem einzigartigen Vogel-Reservat in der Bretagne.

Pointe du Grouin

Schroffe und raue Felsen, türkisfarbene Wellen, rosarote Blumen: Die Bretagne zeigt sich von ihrer schönsten Seite, wenn man auf den Klippen entlang spaziert und sich treiben lässt. Eine der schönsten Stellen findet man vier Kilometer von Cancale entfernt rund um den Point du Grouin. Der Felsvorsprung markiert den nördlichsten Punkt des Stadtgebietes und bietet einen sagenhaften Blick über die Klippen und das Meer.

Der Pointe du Grouin ist ein Naturschutzgebiet und besitzt eine außergewöhnliche Flora und Fauna. Markant sind die mit Heidekraut bewachsenen Klippen. Über sechzig Pflanzenarten kommen hier vor. Die Klippen fallen steil zum Wasser hin ab und haben eine Höhe von bis zu 50 Metern. Von der Landspitze erlebt man ein prächtiges Panorama: Der Blick reicht vom Kap Fréhel über die Bucht des Mont Saint-Michel bis nach Granville. In 25 Kilometer Entfernung ragt der Mont-Saint-Michel selbst empor. Das Kap ist touristisch erschlossen durch zwei Restaurants und ein Hotel. Vor allem aber ist das Kap der perfekte Ort, um die Côte d’Emeraude zu überblicken.

Côte d’Émeraude: Smaragdküste bei Cancale

Zwischen dem Pointe du Grouin in Cancale und dem Cap Fréhel in Plévenon erstreckt sich mit der Côte d’Émeraude ein ganz besonderer Küstenabschnitt. Die sogenannte Smaragdküste reicht insgesamt über 120 Kilometer. Im Westen liegt die Bucht von Saint-Brieuc, im Osten die Bucht von Mont-Saint-Michel. Die Côte d’Émeraude besteht aus lang gezogenen Buchten, traumhaften Sandstränden und steilen Felsklippen. 

Der Begriff Smaragdküste geht auf die charakteristische Färbung des Meeres zu bestimmten Tageszeiten zurück. Je nach Uhrzeit und Einfallswinkel der Sonne schimmert das Meer in herrlich intensiven Blau- und Grünschattierungen. Der Name entsprang einer Idee des Anwalts und Historikers Eugène Herpind. 1890 erfand er die Bezeichnung Côte d’Émeraude wegen „der Symphonie der Farben des Meeres und der Küste“ – um ähnlich wie die Côte d’Azur mit einem klangvollen Begriff den Tourismus zu fördern.

Zöllnerpfad: von Cancale zum Pointe du Grouin

Ein der schönsten Wanderungen Frankreichs führt entlang der gesamte Küste der Bretagne. Der Zöllnerpfad GR34 wurde bereits im Jahr 1791 für die französischen Zollbeamte angelegt, damit diese das Schmuggeln von Waren in den vielen Buchten unterbunden konnten. Die Route ist imposant und reicht vom Mont Saint Michel bis zum Golfe du Morbihan über 1.800 Kilometer. 

Im Jahr 1907 wurde der Zöllnerpfad dann zum Fernwanderweg GR34 ernannt. Eines der Highlights in Cancale ist eine Wanderung von Cancale bis zum Kap La Pointe du Grouin. Dieser Abschnitt ist ungefähr sieben Kilometer lang. Unterwegs wechseln sich ins Meer abfallende Klippen und von Felsen umrahmte Sandstrände ab. Das Panorama unterwegs ist spektakulär.

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