„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe 1795 in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Klassik-Fans reisen deshalb nach Thüringen, denn die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch in Weimar. Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder, Franz Liszt, Richard Wagner: Sie alle waren hier, doch es war Johann Wolfgang von Goethe, der die hübscheste Stadt Thüringens prägte wie kein anderer.
9 Orte in Weimar, wo man Johann Wolfgang von Goethe begegnet ♥ Lesezeit: 9 Minuten
#1 Goethe in Weimar: Wohnhaus am Frauenplan & Goethe-Nationalmuseum
Schuld war Herzog Carl August von Sachsen-Weimar. Der war ein Fan von Johann Wolfgang von Goethe – und holte den Frankfurter Dichter an den Weimarer Hof. Obwohl Goethe acht Jahre älter war als der damals 17-jährige Herzog, wurden die beiden Freunde. Vor allem Goethe profitierte von der Verbindung: Der Herzog besorgte ihm nicht nur hohe Regierungsämter und einen kaiserlichen Adelsbrief, sondern auch ein Haus. Direkt am historischen Frauenplan in Weimar, auf dem schönsten Platz der Stadt. Als Goethe Eigentümer wurde, baute er das Gebäude nach seinen Entwürfen um. So ließ er beispielsweise eine dreiläufige Treppenanlage mit Skulpturennischen bauen und Stuckfriesen nach antikem Vorbild anbringen. Platz hatte er genug: Das Haus besteht aus zwei Teilen. Vorne die repräsentativen Wohn-, Gesellschafts- und Sammlungszimmer, hinten der Arbeitsbereich mit großem Garten.
Wo heute Touristen über malerische Fachwerkshäuser staunen, lebte Goethe 50 Jahre lang. Reist man nach Weimar, wandelt man auf Goethes Spuren, wenn man sein Wohnhaus besucht. Das „Goethe-Nationalmuseum“ (Frauenplan 1, Eintritt: € 12,50) zeigt nicht nur einen Überblick über Leben und Werk von Goethe, das Ticket beinhaltet auch den Besuch des Wohnhauses. In 18 Räumen staunt man über originale Möbel und persönliche Erinnerungsgegenstände und hat das Gefühl, eine Zeitreise zu machen. Höhepunkte der Besichtigung sind das Arbeitszimmer Goethes und der Blick in die angrenzende Privatbibliothek. Kein Wunder, dass das Museum seit 1998 zum UNESCO-Welterbe gehört.
#2 Goethe in Weimar: Das Gartenhaus am östlichen Ilmhang
Als Goethe 1775 nach Weimar kam, war zwar das Haus am Frauenplan sein Zuhause, es zog ihn aber auch hinaus in die Natur. Als er eines Tages im Park am Ilmhang – einem 48 Hektar großen Landschaftspark im klassisch-romantischen Stil – ein Gartenhaus entdeckte, das ihm gefiel, wollte er aber mehr. Und wieder war es Herzog Carl August, der ihm diesen Wunsch erfüllte. Im April 1776 erwarb Johann Wolfgang Goethe den Garten samt dem Garten-Haus. Das Geld dafür – damals zwei Raten zu je 300 Talern – bekam er vom Herzog, man sorgte aber nach außen hin dafür, dass alle Goethe für den Käufer hielten.
Goethe genoss seinen Zweitwohnsitz, ahnte anfangs aber nicht, welche Worte er hier schreiben würde. Denn viele seiner romantischsten Briefe entstanden im berühmten Gartenhaus (Park an der Ilm, Eintritt € 6,50). In Weimar lernte Goethe seine Muse Charlotte von Stein kennen. Und obwohl nie bewiesen wurde, dass die beiden mehr als eine Freundschaft verband, war die Liebe von Seiten Goethes groß: Im Gartenhaus schrieb er die meisten Briefe an Charlotte, insgesamt sind 1.770 Briefe und Zettelchen überliefert, die er zwischen 1776 und 1826 verschickte.
#3 Goethe in Weimar: Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek
Dass Weimar zur Stadt der Bücher wurde, haben wir nicht Goethe zu verdanken. Schon lange, bevor er nach Thüringen kam, gab es eine Bibliothek: 1691 wurde die Herzogliche Bibliothek gegründet, als Herzog Wilhelm Ernst seine 1.400 Bücher der Öffentlichkeit zugänglich machte. Eine Förderin war Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach – und keine Geringere als die Mutter von Herzog Carl August. Der brachte wieder Goethe ins Spiel und machte ihn zur Oberaufsicht der Bibliothek. Goethe übernahm 1797 – und führte sie zu einer der bedeutendsten Bibliotheken Deutschlands zu jener Zeit. Ob Bücher, Kunstwerke oder Musikalien: Rund eine Millionen Einheiten gehören zum Bibliotheksbestand. 1991 wurde die Bibliothek in Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek (Platz der Demokratie 1, Eintritt: € 8) umbenannt.
Vor allem der Rokokosaal ist ein Traum: Der Raum ist oval und geht über drei Etagen. Damit den Büchern nichts passiert und kein Straßenstaub in den Raum kommt, müssen Besucher vor dem Betreten in graue Filzschuhe schlüpfen. Dann geht man nahezu lautlos durch den Raum und hat das Gefühl, alleine zu sein mit den Büchern. Das kann an dem ehrfürchtigen Staunen liegen, das man bei dem Anblick der prall gefüllten Bücherregale empfindet, schließlich gibt es hier Schätze wie die erste Gesamtausgabe der Lutherschen Bibelübersetzung oder die weltweit größte Faust-Sammlung.
#4 Goethe in Weimar: Goethes Leibgerichte kennenlernen
Ein Bratapfel, Butter in der Büchse und eine Frankfurter Wurst zum Frühstück, Hammelfleisch, Schweinelende, weiße Rüben und Mandeltorte zum Mittagessen. So viel aß Johann Wolfgang von Goethe seinen eigenen Aufzeichnungen zufolge am 4. April 1783. Denn er war ein Genießer und aß für sein Leben gerne. Das machte seinen Geschmack für die damalige Zeit revolutionär: Wo Pökeln, Beizen oder Einmachen üblich waren, liebte Goethe saisonale Lebensmittel und nach Möglichkeit von regionalen Produzenten. Aus Italien brachte er die Liebe zu Reis, aber auch zu Nudeln mit.
Dass man heute so viel darüber weiß, was und wie viel Goethe gegessen hat, liegt daran, dass Goethe zum einen viel notiert hat, zum anderen aber auch, weil seine Großmutter Anna Margaretha Justine Lindheimerin ein Kochbuch geschrieben hat. Daraus wurden seine Leibspeisen rekonstruiert. Darin enthalten sind sein geliebter Sardellensalat auf geröstetem Graubrot an Rote-Bete-Creme, Brühe vom Kalb mit Pastetlein, Wildbret mit Morchelsoße an Franken-Knöpflein und Nonnen fürtz an Weinschaum, Apfelcreme und schwarzen Nüssen. Das Dessert mit dem lustigen Name ist übrigens nichts Anstößiges, sondern ein mittelalterlicher Ausdruck für ein süßes „Meisterwerk der Nonnen“.
#5 Goethe in Weimar: In Goethes Lieblingsrestaurants essen
Wer denkt, dass die kulinarischen Aufzeichnungen über Goethe reine Theorie bleiben bei einer Reise nach Weimar, der irrt sich. Viele Restaurants haben ein Gericht auf der Karte, das sich um die Dichterfürsten dreht – und ein paar davon sogar ganze Menüs, die authentisch recherchiert und interpretiert wurden. Dreh- und Angelpunkt einer Food-Tour á la Goethe ist sein einstiges Stammlokal. Direkt bei seinem Wohnhaus war schon damals das Gasthaus Zum weißen Schwan (Frauentorstraße 23). Immer wieder kam er hierher und schwärmte in den höchsten Tönen. Dem Komponisten Carl Friedrich Zelter schrieb er: „Der weiße Schwan begrüßt Dich jederzeit mit offenen Flügeln“. Heute will man sogar wissen, dass Goethe am liebsten in der Gemeindestube „gleich neben dem Ausschank“ gesessen haben soll.
Grund genug, dass heute auf der Speisekarte „Goethes Lieblingsgericht“ steht: Da kommt gekochtes Rindfleisch mit grüner Soße, Dillkartoffeln und Rote-Bete-Salat auf den Teller (€ 18). Küchenchef Tim Schalbe hat sich intensiv mit Goethes Leibspeisen beschäftigt. Auch im Alt Weimar (Prellerstraße 2) steht ein Goethe-Menü auf der Karte. Edel auf Weimarer Porzellan serviert gibt es Sardellensalat, Fleischbrühe mit Pasteten, Wildbraten mit Morchelsoße und Fränkischen Knöpflein und das Dessert Nonnen fürtz. Das 3-Gang-Menü kostet € 30 pro Person, das 4-Gang-Menü € 40 pro Person.
#6 Goethe in Weimar: Goethe im Deutschen Nationaltheater
Was Goethe schrieb, das landete auf der Bühne. Ein Theater, das untrennbar mit dem Dichterfürsten verbunden ist, ist das Deutsche Nationaltheater (Theaterplatz 2). Zwar wurde in Thüringen lange vor der Eröffnung Theater gespielt, doch mit dem Start des Nationaltheaters schrieb Weimar Geschichte – erneut dank Goethe. Der übernahm von Anfang an die Leitung. Unter seiner Intendanz wurden 4.806 Vorstellungen gespielt. Der Dichter Jean Paul brachte Goethes Erfolg 1798 auf den Punkt: „Gegen das neue Theater (in Weimar) sind die anderen deutschen nur Kulissen“.
Heute ist das von Goethe gegründete Hoftheater die renommierteste Bühne in Thüringen und bringt rund 600 Vorstellungen im Jahr auf die Bühne. Werke von Johann Wolfgang von Goethe sind natürlich jedes Jahr dabei. 2020 steht der „Urfaust“ (Tickets zwischen € 28,70 und € 65,90) auf dem Spielplan, aber auch „Lotte in Weimar“ von Thomas Mann. Vor dem Theater thront übrigens ein Goethe- und Schiller-Denkmal. Weil er seinen Freund Friedrich Schiller ans Theater holte, wurde 1857 das von Ernst Rietschel entworfene Denkmal unmittelbar vor dem Haupteingang der Spielstätte aufgestellt. Heute gilt es als Wahrzeichen von Weimar.
#7 Goethe in Weimar: Goethe im Goethe- und Schiller-Archiv
Weil die zwei Dichterfürste in Weimar untrennbar sind, begegnet man ihnen auch im Goethe- und Schiller-Archiv(Jenaer Str. 1). Hier vereint sich ihre Geschichte zum ältesten Literaturarchiv Deutschlands: Ursprünglich von Großherzogin Sophie als Goethe-Archiv gegründet, wurde es 1889 mit dem Schiller-Nachlass vereinigt. Heute gibt es hier 140 Archivbestände, hauptsächlich Nachlässe und Familienarchive von Schriftstellern, Philosophen, Komponisten und bildenden Künstlern, neben Goethe und Schiller auch von Wieland, Herder, Büchner, Liszt oder Nietzsche. Zu den wertvollsten zählen die Original-Handschriften von Goethes „Faust“ und Schillers „Demetrius“.
#8 Goethe in Weimar: Stadtführung auf Goethes Spuren
Weimar hat nicht nur Goethe, Weimar hat auch eine malerische Altstadt. Das Herz der Stadt ist der Marktplatz, auf dem das Rathaus und das farbenfrohen Cranach-Haus ins Auge stechen. Das mit Säulen, Muschelnischen und Rundbogen-Ornamenten verzierte Haus ist ein denkmalgeschützter Renaissance-Bau, der von 1547 bis 1549 errichtet wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt und später originalgetreu wiederaufgebaut. Der Marktplatz in Weimar ist seit ca. 1300 einer der wichtigsten öffentlichen Räume von Weimar und steht mit seinen Renaissance-Bauten auch auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
Eine Stadtführung rund um den Marktplatz und viele weitere spannende Ecken ist in Weimar ein Muss – und klappt erneut mit Goethes Begleitung. Die Stadtführung „Auf Goethes Spuren durch Weimar“ klappert alle Wirkungsstätten des großen Dichters in Weimar ab. Vom Theaterplatz zu den Wohnhäusern von Goethe und Schiller, zur Fürstengruft, dem Haus von Frau von Stein zu Goethes Gartenhaus? Das Programm kann individuell zusammengestellt werden (1,5 Stunden, Kleingruppe bis 10 Personen: € 70, Gruppe bis 25 Personen: € 80). Natürlich veranstaltet die Stadt Weimar auch Stadtführungen (ab € 8 pro Person) zu unterschlichen Themen.
#9 Goethe in Weimar: Die besten Goethe-Souvenirs
Weimar ist klein, Goethes Spuren sind indes groß – und reichen in viele Läden der Stadt. Der Dichterfürst ist eben untrennbar verbunden mit Weimar. Neben einer große Bandbreite an Büchern sind es aber vor allem die kreativen Souvenirs, die am meisten Spaß machen. Das ausgefallenste Mitbringsel ist eine Playmobil-Figur von Goethe: Die gibt es nur in Thüringen zu kaufen. Warum? Weil der Playmobil-Gründer auch aus dem Freistaat stammt und seine Landsleute in kleinen Spielfiguren lebendig werden ließ. Kaufen kann man den Playmobil-Goethe in der Tourist Information Weimar (Markt 10) um € 2,90.
Eine weitere gute Adresse ist der Weimar Haus Shop (Schillerstraße 16). In dem großen Store gibt es vielerlei Souvenirs aus Weimar zu kaufen, eines der schönsten ist eine hochwertige Tasse mit Goethes Antlitz um € 39,90 oder Salz- und Pfefferstreuer mit Schiller- und Goethebüsten. Es gibt sogar einen Shop, in dem Goethes Gedicht „Ginkgo biloba“ das zentrale Thema ist: Im Ginkgo Shop (Windischenstraße 1) dreht sich alles um die Pflanze und man kauft zum Beispiel Ginkotee um € 2,75.
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Offenlegung
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