Entenhausen liegt in Franken: Micky Maus, Donald Duck und Co. haben seit 2015 ein neues Zuhause in Schwarzenbach an der Saale. Das „Erika-Fuchs-Haus“ ist ein Museum für Comic und Sprachkunst und das einzige Comic-Museum Deutschlands. Erika Fuchs übersetzte über 35 Jahre die legendären Micky-Maus-Hefte – und revolutionierte mit ihrer Arbeit die deutsche Sprache.
Deutschlands einziges Comic-Museum: Erika-Fuchs-Haus in „Entenhausen“ ♥ Lesezeit: 6 Minuten
Freigeist. Rebellin. Vorkämpferin. All das war Erika Fuchs, die erste Chefredakteurin des „Micky Maus“-Magazins und langjährige Carl-Barks-Übersetzerin. Sie wurde 1906 in Mecklenburg geboren und zeigte sich schon als Mädchen beharrlich und entschlossen. Früh stand sie für ihre Wünsche und Rechte ein. Ecken und Kanten trug sie mit Stolz. So schaffte sie es, als einziges Mädchen ins städtische Knabengymnasium aufgenommen zu werden. Auch später konnte sie sich durchsetzen. Ihre Karriere fing an, weil sie zu einer Notlüge griff.
Im Jahr 1951, als sie sich in den Nachkriegsjahren in einer männerdominierten Gesellschaft durchsetzen musste, wurde sie gefragt, ob sie Pädagogin sei. In der Nachkriegszeit hatte sie dabei geholfen, eine Schule aufzubauen – Pädagogin war sie aber keineswegs. Fuchs bejahte die Frage trotzdem: „Wenn man Kinder hat, ist man das ja irgendwie.“ Der Rest ist Geschichte: Erika Fuchs erhielt ihren ersten Übersetzungsauftrag für ein Mickey-Mouse-Heft. Sicher war sie sich allerdings nicht, ob sie den Auftrag annehmen wollte. „Ich lese freiwillig keine Comics. Wenn ich lese, will ich keine Bilder sehen. Trotzdem: Die Zeichnungen von Carl Barks sind Kunstwerke.“
Erika Fuchs: „Grande Dame des Comics“
Am 22. April 2005 – vor genau 20 Jahren – starb Erika Fuchs im Alter von 93 Jahren in München. Die „Grande Dame des Comics“ ist aber heute noch lebendig, wenn man nach Oberfranken reist. Sie lebte 52 Jahre lang in Schwarzenbach an der Saale. „Donaldisten“ wissen: Schwarzenbach ist quasi das deutsche Entenhausen. Denn mitten im Fichtelgebirge wurde Erika Fuchs hier ein Denkmal gesetzt: mit dem einzigen Comic-Museum Deutschlands. Im Jahr 2015 eröffnete das „Erika-Fuchs-Haus“, das sich als Museum für Comic und Sprachkunst versteht. Wer sich der hochtalentierten Sprachkünstlerin annähern will, ist hier genau richtig.

Erika Fuchs übersetzte von 1951 bis 1988 sämtliche in der „Micky Maus“ erscheinenden Comic-Geschichten. Sie war quasi das deutsche Gegenstück zu Carl Barks. Der bekannteste aller Disneyzeichner erschuf zahlreiche Comic-Figuren des Disney-Kosmos wie Dagobert Duck. In den 1970er Jahren konzentrierte sich Erika Fuchs dann nur noch auf die in Entenhausen spielenden Geschichten und später auf Storys mit Donald Duck und Comic-Erzählungen von Carl Barks.
„Man kann gar nicht gebildet genug sein, um Comics zu übersetzen.“
Erika Fuchs
Mit ihren Wortkreationen revolutionierte Erika Fuchs die deutsche Sprache. Aus ihrer Feder stammen auf den Wortstamm verkürzte Verben (Inflektive) für Lautäußerungen wie „stöhn“, „ächz“, „grübel“ und Geräusche (Onomatopoesie) wie „peng“, „krawumm“, „knall“, die sie für nicht-visuelle Aspekte des Geschehens in Comic verwendete. Dieses Stilmittel des Inflektivs wird ihr zu Ehren auch „Erikativ“ genannt.

Erika Fuchs: promovierte Kunsthistorikerin
Ihre Übersetzungen sind sprachlich ausgefeilt und voller Wortwitz, auch wenn ihre Arbeit anfangs von vielen belächelt wurde. In der Nachkriegszeit der frühen Fünfziger galten Comics als Schund. So also auch ihre Übersetzungen, obwohl sie von der promovierten Kunsthistorikerin Erika Fuchs stammten, die Ende der zwanziger Jahre Kunstgeschichte und Archäologie in Lausanne, London und München studiert hatte. Doch auch hier setzte sie sich durch und hielt beharrlich an ihrem Werk fest. Ihre Kritiker belächelte sie selbst, denn sie wusste es besser. Sie war davon überzeugt: „Man kann gar nicht gebildet genug sein, um Comics zu übersetzen.“
„Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“
Erika Fuchs
Viele der belächelten Sprechblasen enthielten literarische und zeitgeschichtliche Anspielungen und versteckte Zitate. Erika Fuchs legte ihren Figuren das ein oder andere Bonmot in den Mund. Tick, Trick und Track zitieren angelehnt an Friedrich Schiller ihre Version eines Rütlischwurs und sagen „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns waschen und Gefahr“, während Erfinder Daniel Düsentrieb eine Abwandlung der ersten Zeile des Ingenieurlieds von Heinrich Seidel: „Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“ in den Mund gelegt bekommt. Auch Goethe, Shakespeare, Uhland, Keller und Heine finden Platz in den Sprechblasen.

„Duckburg“ in Oberfranken
Ihrer Heimat, dem fränkischen Fichtelgebirge, war Erika Fuchs eng verbunden. Auch das landet in ihren Übersetzungen. Sie verankert das fiktive amerikanische „Duckburg“ in Oberfranken und benennt Orte, Berge und Seen nach realen Örtlichkeiten. Familie Duck macht Ferien am Fichtelsee, Onkel Dagobert besitzt einen Skilift am Ochsenkopf. Dazu gab sie jeder Ente einen eigenen Sprachstil, um den jeweiligen Charakter herauszuarbeiten.
„Mir kreist der Hut! Mein Gehirn käst! Meins ist völlig verdunstet!“
Erika Fuchs
Dagobert spricht stets grammatisch korrekt („Leichtfertig ist die Jugend mit dem Wort und bar jeden Sinnes für geschäftliche Dinge!), während Donald bekannt für Wutausbrüche und übertriebene poetische Phrasen ist („Und lieg‘ ich dereinst auf der Bahre – So denkt an meine Guitahre – Und gebt sie mir mit in mein Grab.“). Und damit Tick, Trick und Track eine lässige Jugendsprache verwenden konnten, belauschte Erika Fuchs Teenager in der Straßenbahn („Mir kreist der Hut! Mein Gehirn käst! Meins ist völlig verdunstet!“).

Erika-Fuchs-Haus: Deutschlands einziges Comic-Museum
Wer heute das „Erika-Fuchs-Haus“ in Schwarzenbach an der Saale besichtigt, kommt Erika Fuchs ein gutes Stück näher. Das Zentrum des Museums bildet ein 130 Quadratmeter großer Raum mit großen Nachzeichnungen von Entenhausen-Motiven. Im Mittelpunkt steht der legendäre Geldspeicher von Dagobert Duck, in dem man ein Talerbad wie Onkel Dagobert nehmen kann. „Ach, Geld! Es ist mir ein Hochgenuss, wie ein Seehund hinein zu springen und wie ein Maulwurf darin herumzuwühlen und es in die Luft zu schmeißen, dass es mir auf die Glatze prasselt!“




In einem anderen Raum erzählt der Zeichner Simon Schwartz das Leben von Erika Fuchs in raumhohen Zeichenbildern nach. Ausgestellt sind zudem spannende Stücke wie eine Schreibmaschine von Erika Fuchs, Typoskriptblätter und Comicseiten. Das Museumskonzept setzt aber auch auf Interaktion. Mehrere Mitmach-Stationen laden dazu ein, die eigene literarische Kreativität erproben. Wer will, vertont seinen eigenen Comic oder übt sich in Comic-Pantomime – und stößt dabei auf Wortkreationen von Erika Fuchs, die es von einer kleinen Sprechblase in die große Welt geschafft haben.
„Die Wolken zieh‘n dahin. Sie zieh‘n auch wieder her. Der Mensch lebt nur einmal. Und dann nicht mehr.“
Erika Fuchs





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